Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943
zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb
sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

A. Problem und Ziel

Die Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni
2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen
(Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und
Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1) verpflichtet die Mitgliedstaaten zum zivilrechtlichen
Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass
der Zugang zu Geschäftsgeheimnissen und deren Verwertung einen erheblichen wirtschaftlichen
Wert darstellen können. Gleichwohl unterfallen Geschäftsgeheimnisse auf
Grund ihrer Art nicht immer dem besonderen Schutz von Spezialgesetzen wie zum Beispiel
dem Patentgesetz oder dem Urheberrechtsgesetz.
Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen wird im deutschen Recht bislang über die Strafvorschriften
der §§ 17 bis 19 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
sowie über die §§ 823 und 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegebenenfalls in
Verbindung mit § 1004 BGB analog gewährleistet. Dies ist für eine Umsetzung der Vorgaben
der Richtlinie (EU) 2016/943 nicht ausreichend.

B. Lösung

Die Richtlinie (EU) 2016/943 wird durch ein neues Stammgesetz umgesetzt. Dadurch wird
ein in sich stimmiger Schutz vor rechtswidriger Erlangung, rechtswidriger Nutzung und
rechtswidriger Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen erreicht.
Artikel 1 dieses Gesetzes enthält das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
(GeschGehG). Darin sieht Abschnitt 1 allgemeine Regelungen vor, wie eine Definition
des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses in § 2 Nummer 1 und Handlungsverbote zum
Schutz von Geschäftsgeheimnissen, bei deren Missachtung eine rechtswidrige Erlangung
beziehungsweise eine rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
vorliegt (§ 4). § 5 enthält Gründe, bei deren Vorliegen im Einzelfall ein Verstoß
gegen § 4 gerechtfertigt sein kann.
Abschnitt 2 enthält die Ansprüche des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer bei rechtswidriger Erlangung, rechtswidriger Nutzung oder rechtswidriger
Offenlegung. Hierzu zählen Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung (§ 6), Vernichtung,
Herausgabe und Rückruf (§ 7), Auskunft (§ 8), und Schadensersatz bei fahrlässiger
oder vorsätzlicher Verletzung (§ 10).
In Abschnitt 3 werden Regelungen zum gerichtlichen Verfahren bei der Verletzung von
Geschäftsgeheimnissen getroffen. Durch Regelungen zur Geheimhaltung im gerichtlichen
Verfahren in den §§ 16 bis 20 wird der Rechtsschutz von Kläger und Beklagtem dauerhaft
verbessert.
– 2 –
Abschnitt 4 enthält die zuvor in den §§ 17 bis 19 UWG geregelten Strafvorschriften zum
Schutz von Geschäftsgeheimnissen.
Die Artikel 2 bis 4 nehmen die erforderlichen Folgeänderungen im Gerichtsverfassungsgesetz,
der Strafprozessordnung, dem Gerichtskostengesetz und dem UWG vor.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Ein gewisser Erfüllungsaufwand kann sich daraus ergeben, dass ein Teil der Kleinstunternehmen
den Umständen nach angemessene Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
treffen muss, damit ihre Informationen in den Schutzbereich des Gesetzes
fallen. Größere und mittlere Betriebe schützen bereits jetzt ihre Geschäftsgeheimnisse,
zum Beispiel durch eine Zugangskontrolle oder durch vertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen,
um zu verhindern, dass die betreffenden Informationen offenkundig werden.
Insoweit ist von einem einmaligen Umstellungsaufwand in Höhe von 6 440 000 Euro auszugehen.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Ausgehend von geschätzten 20 Verfahren wegen der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen,
wird durch die Verbesserung des Rechtsschutzes durch den Entwurf eine Zunahme
um 80 Verfahren jährlich geschätzt. Die Länder können die Mehrbelastung steuern,
indem sie nach § 15 Absatz 3 GeschGehG die Möglichkeit erhalten, die gerichtliche Zuständigkeit
zu konzentrieren.
Kosten für die Wirtschaft und für soziale Sicherungssysteme werden nicht erwartet. Auch
sind keine Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
ersichtlich.
– 3 –
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943
zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb
sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung1)
Vom …
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
(GeschGehG)
Inhaltsübersicht
A b s c h n i t t 1
A l l g e m e i n e s
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Begriffsbestimmungen
§ 3 Erlaubte Handlungen
§ 4 Handlungsverbote
§ 5 Rechtfertigungsgründe
A b s c h n i t t 2
A n s p r ü c h e b e i R e c h t s v e r l e t z u n g e n
§ 6 Beseitigung und Unterlassung
§ 7 Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt
§ 8 Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung der Auskunftspflicht
§ 9 Anspruchsausschluss bei Unverhältnismäßigkeit
§ 10 Haftung des Rechtsverletzers
§ 11 Abfindung in Geld
§ 12 Haftung des Inhabers eines Unternehmens
§ 13 Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung
§ 14 Missbrauchsverbot
1) Artikel 1 dieses Gesetzes dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher
Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger
Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1).
– 4 –
A b s c h n i t t 3
V e r f a h r e n i n G e s c h ä f t s g e h e i m n i s s t r e i t s a c h e n
§ 15 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung
§ 16 Geheimhaltung
§ 17 Ordnungsmittel
§ 18 Geheimhaltung nach Abschluss des Verfahrens
§ 19 Weitere gerichtliche Beschränkungen
§ 20 Verfahren bei Maßnahmen nach den §§ 16 bis 19
§ 21 Bekanntmachung des Urteils
§ 22 Streitwertbegünstigung
A b s c h n i t t 4
S t r a f v o r s c h r i f t e n
§ 23 Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
A b s c h n i t t 1
A l l g e m e i n e s
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unerlaubter Erlangung,
Nutzung und Offenlegung.
(2) Öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder
Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen gehen vor.
(3) Es bleiben unberührt:
1. Der berufs- und strafrechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen, deren unbefugte
Offenbarung von § 203 des Strafgesetzbuches erfasst wird,
2. die Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit
nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016,
S. 389), einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien,
3. die Autonomie der Sozialpartner und ihr Recht, Kollektivverträge nach den bestehenden
europäischen und nationalen Vorschriften abzuschließen.
§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist
– 5 –
1. Geschäftsgeheimnis
eine Information, die
a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer
Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von
Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist
und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen
durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist;
2. Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses
jede natürliche oder juristische Person, die die rechtmäßige Kontrolle über ein Geschäftsgeheimnis
hat;
3. Rechtsverletzer
jede natürliche oder juristische Person, die entgegen § 4 ein Geschäftsgeheimnis
rechtswidrig erlangt, nutzt oder offenlegt;
4. rechtsverletzendes Produkt
ein Produkt, dessen Konzeption, Merkmale, Funktionsweise, Herstellungsprozess
oder Marketing in erheblichem Umfang auf einem rechtswidrig erlangten, genutzten
oder offengelegten Geschäftsgeheimnis beruht.
§ 3
Erlaubte Handlungen
(1) Ein Geschäftsgeheimnis darf insbesondere erlangt werden durch
1. eine eigenständige Entdeckung oder Schöpfung;
2. ein Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts oder Gegenstands,
das oder der
a) öffentlich verfügbar gemacht wurde oder
b) sich im rechtmäßigen Besitz des Beobachtenden, Untersuchenden, Rückbauenden
oder Testenden befindet und dieser keiner Pflicht zur Beschränkung der Erlangung
des Geschäftsgeheimnisses unterliegt;
3. ein Ausüben von Informations- und Anhörungsrechten der Arbeitnehmer oder Mitwirkungs-
und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertretung.
(2) Ein Geschäftsgeheimnis darf erlangt, genutzt oder offengelegt werden, wenn dies
durch Gesetz, auf Grund eines Gesetzes oder durch Rechtsgeschäft gestattet ist.
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§ 4
Handlungsverbote
(1) Ein Geschäftsgeheimnis darf nicht erlangt werden durch
1. unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten,
Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der
rechtmäßigen Kontrolle des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die
das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten
lässt, oder
2. jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen nicht dem Grundsatz
von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheit
entspricht.
(2) Ein Geschäftsgeheimnis darf nicht nutzen oder offenlegen, wer
1. das Geschäftsgeheimnis durch eine eigene Handlung nach Absatz 1
a) Nummer 1 oder
b) Nummer 2
erlangt hat,
2. gegen eine Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses
verstößt oder
3. gegen eine Verpflichtung verstößt, das Geschäftsgeheimnis nicht offenzulegen.
(3) Ein Geschäftsgeheimnis darf nicht erlangen, nutzen oder offenlegen, wer das
Geschäftsgeheimnis über eine andere Person erlangt hat und zum Zeitpunkt der Erlangung,
Nutzung oder Offenlegung weiß oder wissen müsste, dass diese das Geschäftsgeheimnis
entgegen Absatz 2 genutzt oder offengelegt hat. Das gilt insbesondere, wenn die
Nutzung in der Herstellung, dem Anbieten, dem Inverkehrbringen oder der Einfuhr, der
Ausfuhr oder der Lagerung für diese Zwecke von rechtsverletzenden Produkten besteht.
§ 5
Rechtfertigungsgründe
Die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses ist
gerechtfertigt, wenn dies zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgt, insbesondere
1. zur Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit
nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, einschließlich der Achtung
der Freiheit und der Pluralität der Medien;
2. zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen
Fehlverhaltens, wenn die das Geschäftsgeheimnis erlangende, nutzende oder offenlegende
Person in der Absicht handelt, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen;
3. im Rahmen der Offenlegung durch Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitnehmervertretung,
wenn dies erforderlich ist, damit die Arbeitnehmervertretung ihre Aufgaben erfüllen
kann.
– 7 –
A b s c h n i t t 2
A n s p r ü c h e b e i R e c h t s v e r l e t z u n g e n
§ 6
Beseitigung und Unterlassung
Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann den Rechtsverletzer auf Beseitigung
der Beeinträchtigung und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch
nehmen. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Rechtsverletzung
erstmalig droht.
§ 7
Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt
Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann den Rechtsverletzer auch in Anspruch
nehmen auf
1. Vernichtung oder Herausgabe der im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers stehenden
Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronischen Dateien,
die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern,
2. Rückruf des rechtsverletzenden Produkts,
3. dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte aus den Vertriebswegen,
4. Vernichtung der rechtsverletzenden Produkte oder
5. Rücknahme der rechtsverletzenden Produkte vom Markt, wenn der Schutz des Geschäftsgeheimnisses
hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
§ 8
Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung der
Auskunftspflicht
(1) Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann vom Rechtsverletzer Auskunft
über Folgendes verlangen:
1. Name und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der rechtsverletzenden
Produkte sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für
die sie bestimmt waren,
2. die Menge der hergestellten, bestellten, ausgelieferten oder erhaltenen rechtsverletzenden
Produkte sowie über die Kaufpreise,
3. diejenigen im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Dokumente,
Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronische Dateien, die das Geschäftsgeheimnis
enthalten oder verkörpern, und
– 8 –
4. die Person, von der sie das Geschäftsgeheimnis erlangt haben und der gegenüber
sie es offenbart haben.
(2) Erteilt der Rechtsverletzer vorsätzlich oder grob fahrlässig die Auskunft nicht,
verspätet, falsch oder unvollständig, ist er dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses zum
Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
§ 9
Anspruchsausschluss bei Unverhältnismäßigkeit
Die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn die Erfüllung
im Einzelfall unverhältnismäßig wäre unter Berücksichtigung insbesondere
1. des Wertes oder eines anderen spezifischen Merkmals des Geschäftsgeheimnisses,
2. der getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen,
3. des Verhaltens des Rechtsverletzers bei Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des
Geschäftsgeheimnisses,
4. der Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,
5. der berechtigten Interessen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und des
Rechtsverletzers sowie der Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide
haben könnte,
6. der berechtigten Interessen Dritter oder
7. des öffentlichen Interesses.
§ 10
Haftung des Rechtsverletzers
(1) Ein Rechtsverletzer, der vorsätzlich oder fahrlässig handelt, ist dem Inhaber des
Geschäftsgeheimnisses zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
§ 619a des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.
(2) Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der
Rechtsverletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der
Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages bestimmt werden,
den der Rechtsverletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er
die Zustimmung zu Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses
eingeholt hätte.
(3) Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann auch wegen des Schadens, der
nicht Vermögensschaden ist, von dem Rechtsverletzer eine Entschädigung in Geld verlangen,
soweit dies der Billigkeit entspricht.
– 9 –
§ 11
Abfindung in Geld
(1) Ein Rechtsverletzer, der weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat, kann
zur Abwendung der Ansprüche nach den §§ 6 oder 7 den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses
in Geld abfinden, wenn dem Rechtsverletzer durch die Erfüllung der Ansprüche ein
unverhältnismäßig großer Nachteil entstehen würde und wenn die Abfindung in Geld als
angemessen erscheint.
(2) Die Höhe der Abfindung in Geld bemisst sich nach der Vergütung, die im Falle
einer vertraglichen Einräumung des Nutzungsrechts angemessen wäre. Sie darf den Betrag
nicht übersteigen, der einer Vergütung im Sinne von Satz 1 für die Länge des Zeitraums
entspricht, in dem dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses ein Unterlassungsanspruch
zusteht.
§ 12
Haftung des Inhabers eines Unternehmens
Ist der Rechtsverletzer Beschäftigter oder Beauftragter eines Unternehmens, so hat
der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 auch gegen
den Inhaber des Unternehmens. Für den Anspruch nach § 8 Absatz 2 gilt dies nur, wenn
der Inhaber des Unternehmens vorsätzlich oder grob fahrlässig die Auskunft nicht, verspätet,
falsch oder unvollständig erteilt hat.
§ 13
Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung
Hat der Rechtsverletzer ein Geschäftsgeheimnis vorsätzlich oder fahrlässig erlangt,
offengelegt oder genutzt und durch diese Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses auf
Kosten des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt
der Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 10 zur Herausgabe nach den
Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt sechs Jahre nach seiner Entstehung.
§ 14
Missbrauchsverbot
Die Geltendmachung der Ansprüche nach diesem Gesetz ist unzulässig, wenn sie
unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Bei missbräuchlicher
Geltendmachung kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen
Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
– 10 –
A b s c h n i t t 3
V e r f a h r e n i n G e s c h ä f t s g e h e i m n i s s t r e i t s a c h e n
§ 15
Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung
(1) Für Klagen vor den ordentlichen Gerichten, durch die Ansprüche nach diesem
Gesetz geltend gemacht werden, sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert
ausschließlich zuständig.
(2) Für Klagen nach Absatz 1 ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen
Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Beklagte im Inland
keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die
Handlung begangen worden ist.
(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem
Landgericht die Klagen nach Absatz 1 der Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen.
Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die
Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung
die den Gerichten eines Landes obliegenden Klagen nach Absatz 1 insgesamt oder teilweise
dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.
§ 16
Geheimhaltung
(1) Bei Klagen, durch die Ansprüche nach diesem Gesetz geltend gemacht werden
(Geschäftsgeheimnisstreitsachen) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag einer Partei
streitgegenständliche Informationen ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig
einstufen, wenn diese ein Geschäftsgeheimnis sein können.
(2) Die Parteien, ihre Prozessvertreter, Zeugen, Sachverständige, sonstige Vertreter
und alle sonstigen Personen, die an Geschäftsgeheimnisstreitsachen beteiligt sind oder
die Zugang zu Dokumenten eines solchen Verfahrens haben, müssen als geheimhaltungsbedürftig
eingestufte Informationen vertraulich behandeln und dürfen diese außerhalb
eines gerichtlichen Verfahrens nicht nutzen oder offenlegen, es sei denn, dass sie
von diesen außerhalb des Verfahrens Kenntnis erlangt haben.
(3) Wenn das Gericht eine Entscheidung nach Absatz 1 trifft, darf Dritten, die ein
Recht auf Akteneinsicht haben, nur ein Akteninhalt zur Verfügung werden, in dem die Geschäftsgeheimnisse
enthaltenden Ausführungen unkenntlich gemacht wurden.
§ 17
Ordnungsmittel
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag einer Partei bei Zuwiderhandlungen gegen
die Verpflichtungen nach § 16 Absatz 2 ein Ordnungsgeld bis zu 100 000 Euro oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festsetzen und sofort vollstrecken. Bei der Festsetzung
von Ordnungsgeld ist zugleich für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, zu bestimmen, in welchem Maße Ordnungshaft an seine Stelle tritt.
– 11 –
§ 18
Geheimhaltung nach Abschluss des Verfahrens
Die Verpflichtungen nach § 16 Absatz 2 bestehen auch nach Abschluss des gerichtlichen
Verfahrens fort. Dies gilt nicht, wenn das Gericht der Hauptsache das Vorliegen des
streitgegenständlichen Geschäftsgeheimnisses durch rechtskräftiges Urteil verneint hat
oder sobald die streitgegenständlichen Informationen für Personen in den Kreisen, die
üblicherweise mit solchen Informationen umgehen, bekannt oder ohne weiteres zugänglich
werden.
§ 19
Weitere gerichtliche Beschränkungen
(1) Zusätzlich zu § 16 Absatz 1 beschränkt das Gericht der Hauptsache zur Wahrung
von Geschäftsgeheimnissen auf Antrag einer Partei den Zugang ganz oder teilweise
auf eine bestimmte Anzahl von Personen
1. zu von den Parteien oder Dritten eingereichten oder vorgelegten Dokumenten, die
Geschäftsgeheimnisse enthalten können, oder
2. zur mündlichen Verhandlung, bei der Geschäftsgeheimnisse offengelegt werden
könnten, und zu der Aufzeichnung oder dem Protokoll der mündlichen Verhandlung.
Dies gilt nur, soweit nach Abwägung aller Umstände das Geheimhaltungsinteresse das
Recht der Beteiligten auf rechtliches Gehör auch unter Beachtung ihres Rechts auf effektiven
Rechtsschutz und ein faires Verfahren übersteigt. Es ist jeweils mindestens einer
natürlichen Person jeder Partei und ihren Prozessvertretern oder sonstigen Vertretern
Zugang zu gewähren. Im Übrigen bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen, welche
Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind.
(2) Wenn das Gericht Beschränkungen nach Absatz 1 Satz 1 trifft,
1. kann die Öffentlichkeit auf Antrag von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen
werden und
2. gilt § 16 Absatz 3 für nicht zugelassene Personen.
(3) Die §§ 16 bis 19 Absatz 1 und 2 gelten entsprechend im Verfahren der Zwangsvollstreckung,
wenn das Gericht der Hauptsache Informationen nach § 16 Absatz 1 als
geheimhaltungsbedürftig eingestuft oder zusätzliche Beschränkungen nach Absatz 1
Satz 1 getroffen hat.
§ 20
Verfahren bei Maßnahmen nach den §§ 16 bis 19
(1) Das Gericht der Hauptsache kann eine Beschränkung nach § 16 Absatz 1 und
§ 19 Absatz 1 ab Anhängigkeit des Rechtsstreits anordnen.
(2) Die andere Partei ist spätestens nach Anordnung der Maßnahme vom Gericht zu
hören. Das Gericht kann die Maßnahmen nach Anhörung der Parteien aufheben oder
abändern.
– 12 –
(3) Die den Antrag nach § 16 Absatz 1 oder § 19 Absatz 1 stellende Partei muss
glaubhaft machen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Information um ein Geschäftsgeheimnis
handelt.
(4) Werden mit dem Antrag oder nach einer Anordnung nach § 16 Absatz 1 oder einer
Anordnung nach § 19 Absatz 1 Nummer 1 Schriftstücke und sonstige Unterlagen eingereicht
oder vorgelegt, muss die den Antrag stellende Partei diejenigen Ausführungen
kennzeichnen, die nach ihrem Vorbringen Geschäftsgeheimnisse enthalten. Im Fall des
§ 19 Absatz 1 Nummer 1 muss sie zusätzlich eine Fassung ohne Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen
vorlegen, die eingesehen werden kann. Wird keine solche um die
Geschäftsgeheimnisse reduzierte Fassung vorgelegt, kann das Gericht von der Zustimmung
zur Einsichtnahme ausgehen, es sei denn, ihm sind besondere Umstände bekannt,
die eine solche Vermutung nicht rechtfertigen.
(5) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss. Gibt es dem Antrag
statt, hat es die Beteiligten auf die Wirkung der Anordnung nach § 16 Absatz 2 und § 18
und Folgen der Zuwiderhandlung nach § 17 hinzuweisen. Beabsichtigt das Gericht die
Zurückweisung des Antrags, hat es die den Antrag stellende Partei darauf und die Gründe
hierfür hinzuweisen und ihr binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme
zu geben. Die Einstufung als geheimhaltungsbedürftig nach § 16 Absatz 1 und die
Anordnung der Beschränkung nach § 19 Absatz 1 kann nur gemeinsam mit dem Rechtsmittel
in der Hauptsache angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde
statt.
(6) Gericht der Hauptsache im Sinne dieses Abschnitts ist
1. das Gericht des ersten Rechtszuges oder
2. das Berufungsgericht, wenn die Hauptsache in der Berufungsinstanz anhängig ist.
§ 21
Bekanntmachung des Urteils
(1) Der obsiegenden Partei einer Geschäftsgeheimnisstreitsache kann auf Antrag in
der Urteilsformel die Befugnis zugesprochen werden, das Urteil oder Informationen über
das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn die
obsiegende Partei hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Form und Umfang der öffentlichen
Bekanntmachung werden unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der
im Urteil genannten Personen in der Urteilsformel bestimmt.
(2) Bei den Entscheidungen über die öffentliche Bekanntmachung nach Absatz 1
Satz 1 ist insbesondere zu berücksichtigen:
1. der Wert des Geschäftsgeheimnisses,
2. das Verhalten des Rechtsverletzers bei Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des
Geschäftsgeheimnisses,
3. die Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses
und
4. die Wahrscheinlichkeit einer weiteren rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des
Geschäftsgeheimnisses durch den Rechtsverletzer.
– 13 –
(3) Das Urteil darf erst nach Rechtskraft bekannt gemacht werden, es sei denn, das
Gericht bestimmt etwas anderes.
§ 22
Streitwertbegünstigung
(1) Macht bei Geschäftsgeheimnisstreitsachen eine Partei glaubhaft, dass die Belastung
mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich
gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung
dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach dem ihrer Wirtschaftslage angepassten
Teil des Streitwerts bemisst.
(2) Die Anordnung nach Absatz 1 bewirkt auch, dass
1. die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem
Teil des Streitwerts zu entrichten hat,
2. die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit
sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die
Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach diesem Teil des Streitwerts zu erstatten
hat und
3. der Rechtsanwalt der begünstigten Partei seine Gebühren von dem Gegner nach
dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann, soweit die außergerichtlichen
Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden.
(3) Der Antrag nach Absatz 1 ist vor der Verhandlung zur Hauptsache zu stellen.
Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert durch
das Gericht heraufgesetzt wird. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur
Niederschrift erklärt werden. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu
hören.
A b s c h n i t t 4
S t r a f v o r s c h r i f t e n
§ 23
Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer zur
Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten
oder in der Absicht, dem Inhaber eines Unternehmens Schaden zuzufügen,
1. entgegen § 4 Absatz 1 Nummer 1 ein Geschäftsgeheimnis erlangt,
2. entgegen § 4 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a ein Geschäftsgeheimnis nutzt oder
offenlegt oder
3. entgegen § 4 Absatz 2 Nummer 3 als eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person
ein Geschäftsgeheimnis, das ihr im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses
– 14 –
anvertraut worden oder zugänglich geworden ist, während der Geltungsdauer des
Beschäftigungsverhältnisses offenlegt.
(2) Ebenso wird bestraft, wer zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs,
aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber eines
Unternehmens Schaden zuzufügen, ein Geschäftsgeheimnis nutzt oder offenlegt, das er
durch eine fremde Handlung nach Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erlangt hat.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer zur
Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs oder aus Eigennutz entgegen § 4 Absatz
2 Nummer 2 oder Nummer 3 ein Geschäftsgeheimnis, das eine ihm im geschäftlichen
Verkehr anvertraute geheime Vorlage oder Vorschrift technischer Art ist, nutzt oder
offenlegt.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 gewerbsmäßig handelt,
2. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder Nummer 3 oder des Absatzes 2 bei der
Offenlegung weiß, dass das Geschäftsgeheimnis im Ausland genutzt werden soll,
oder
3. in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 oder des Absatzes 2 das Geschäftsgeheimnis
im Ausland nutzt.
(5) Der Versuch ist strafbar.
(6) § 5 Nummer 7 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend. Die §§ 30 und 31 des
Strafgesetzbuches gelten entsprechend, wenn der Täter zur Förderung des eigenen oder
fremden Wettbewerbs oder aus Eigennutz handelt.
(7) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde
wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten
von Amts wegen für geboten hält.
Artikel 2
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes
In § 74c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung
der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz
6 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist, werden
nach den Wörtern „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ ein Komma und die
Wörter „dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ eingefügt.
Artikel 3
Änderung der Strafprozessordnung
Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987
(BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017
(BGBl. I S. 3618) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
– 15 –
1. In § 374 Absatz 1 Nummer 7 werden die Wörter „den §§ 16 bis 19 des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb“ durch die Wörter „§ 16 des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb und § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“
ersetzt.
2. In § 395 Absatz 1 Nummer 6 werden die Wörter „und den §§ 16 bis 19 des Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb“ durch ein Komma und die Wörter „§ 16 des Gesetzes
gegen den unlauteren Wettbewerb und § 23 des Gesetzes zum Schutz von
Geschäftsgeheimnissen“ ersetzt.
Artikel 4
Änderung des Gerichtskostengesetzes
§ 51 des Gerichtskostengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom
27. Februar 2014 (BGBl. I S. 154), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 7 des Gesetzes vom
18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2739) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In Absatz 2 werden nach den Wörtern „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“
die Wörter „und nach dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ eingefügt.
2. In Absatz 5 werden nach dem Wort „Designgesetzes“ ein Komma und die Wörter
„§ 22 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ eingefügt.
Artikel 5
Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
Die §§ 17 bis 19 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung der
Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes
vom 17. Februar 2016 (BGBl. I S. 233) geändert worden ist, werden aufgehoben.
Artikel 6
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
– 16 –
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Mit dem vorliegenden Entwurf wird der Schutz von Geschäftsgeheimnissen entsprechend
unionsrechtlichen Vorgaben verbessert.
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Der Entwurf setzt die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und
vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb
sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (Abl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1) um (im
Folgenden: Richtlinie (EU) 2016/943). Diese muss bis zum 9. Juni 2018 umgesetzt werden
(Artikel 19 Absatz 1 Richtlinie (EU) 2016/943).
Die bestehenden rechtlichen Regelungen reichen für eine Umsetzung der Vorgaben der
Richtlinie nicht aus. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen wird im deutschen Recht
bislang über die Strafvorschriften der §§ 17 bis 19 des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb (UWG) sowie über die §§ 823, 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
gegebenenfalls in Verbindung mit § 1004 BGB analog gewährleistet. Dies genügt den
Vorgaben der Richtlinie (EU) 2016/943 nicht, da diese eine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
nicht wie die §§ 17 bis 19 UWG vom Vorliegen einer besonderen Absicht abhängig
macht. Daher ist eine ergänzende zivilrechtliche Umsetzung der Bestimmungen
der Richtlinie sowie eine Anpassung der Strafvorschriften erforderlich.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Die Richtlinie (EU) 2016/943 wird durch ein neues Stammgesetz umgesetzt. Dadurch wird
ein in sich stimmiger Schutz vor der rechtswidrigen Erlangung, der rechtswidrigen Nutzung
und der rechtswidrigen Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen verwirklicht. In
dieses Gesetz werden die bisherigen Strafvorschriften des UWG in modifizierter Form
aufgenommen.
Artikel 1 enthält das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG).
Abschnitt 1 sieht allgemeine Regelungen vor wie eine Definition des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses
in § 2 Nummer 1 und Handlungsverbote zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen,
bei deren Missachtung eine rechtswidrige Erlangung beziehungsweise
eine rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses vorliegt
(§ 4). § 5 enthält Rechtfertigungsgründe zu diesen Verboten, so kann zum Beispiel je
nach den Umständen des Einzelfalls ein Verstoß gegen § 4 bei der rechtmäßigen Ausübung
der Meinungsfreiheit oder bei der Aufdeckung eines Fehlverhaltens oder einer
rechtswidrigen Tätigkeit gerechtfertigt sein.
Abschnitt 2 enthält die Ansprüche des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer bei einer rechtswidrigen Erlangung, einer rechtswidrigen Nutzung oder
einer rechtswidrigen Offenlegung. Hierzu zählen Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung
(§ 6), Vernichtung, Herausgabe und Rückruf (§ 7), Auskunft (§ 8) und Schadensersatz
bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung (§ 10). Werden Ansprüche missbräuchlich
geltend gemacht, hat der Anspruchsgegner Anspruch auf den Ersatz der für
seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen (§ 14). Diese Ansprüche verjähren
nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB. Eine Sonderverjährungsre-
17 –
gelung wurde nur für den Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung (§ 13) getroffen.
In Abschnitt 3 werden Regelungen zum gerichtlichen Verfahren bei der Verletzung von
Geschäftsgeheimnissen getroffen. Der Rechtsschutz der Betroffenen wird durch Regelungen
zur Geheimhaltung im gerichtlichen Verfahren in den §§ 16 bis 19 dauerhaft
verbessert.
Abschnitt 4 enthält die zuvor in den §§ 17 bis 19 UWG enthaltenen Strafvorschriften zum
Schutz von Geschäftsgeheimnissen.
Die Artikel 2 bis 5 nehmen die erforderlichen Folgeänderungen in dem Gerichtsverfassungsgesetz
(GVG), der Strafprozessordnung (StPO), dem Gerichtskostengesetz (GKG)
und dem UWG vor.
III. Alternativen
Keine.
Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen kann weder den Marktverhaltensregelungen des
UWG noch den vollständigen Immaterialgüterrechten wie zum Beispiel dem Patent- und
Markenrecht zugeordnet werden. Unterschiede zu den Immaterialgüterrechten bestehen
insofern, als der Schutz von Geschäftsgeheimnissen von der tatsächlichen Geheimhaltung
der Information abhängt und keine besondere Qualität der Informationen für den
rechtlichen Schutz erforderlich ist. Von den reinen Marktverhaltensregelungen des UWG
unterscheidet sich der Schutz von Geschäftsgeheimnissen insofern, als er sich auf eine
Information bezieht, die handelbar ist und regelmäßig wirtschaftlichen Wert besitzt.
Da die Strafvorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen bislang in den §§ 17 bis
19 UWG geregelt sind, wäre eine Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 im UWG selbst
grundsätzlich denkbar gewesen. Die Richtlinie (EU) 2016/943 sieht jedoch differenzierte
Vorschriften zur rechtswidrigen Erlangung, zur rechtswidrigen Nutzung und Offenlegung
sowie zu den daraus resultierenden Rechtsfolgen vor, die unabhängig von einem Wettbewerbsverhältnis
bestehen. Dies passt nicht zu den Marktverhaltensregelungen des
UWG und würde den Charakter des Gesetzes deutlich verändern. Daher ist die Schaffung
eines neuen Stammgesetzes die sachgemäße Lösung.
IV. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die in Artikel 1 enthaltenen Regelungen
ergibt sich überwiegend aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 9 des Grundgesetzes (GG –
gewerblicher Rechtsschutz). Für die Regelungen in Artikel 1 §§ 15 bis 22 sowie Artikel 2
bis 4 beruht die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1
GG (Gerichtsverfassung, gerichtliches Verfahren). Für Artikel 1 § 23 sowie Artikel 5 ergibt
sich die Gesetzgebungskompetenz aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (Strafrecht).
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen
Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
vereinbar, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat. Er setzt die Vorgaben
der Richtlinie (EU) 2016/943 und damit Recht der Europäischen Union in nationales Recht
um. Der Entwurf enthält in dem neuen Stammgesetz in Artikel 1 einige Regelungen, die
nicht unmittelbar aus der Richtlinie (EU) 2016/943 hervorgehen. Hierzu zählen der Anspruch
auf Auskunft (§ 8), die Haftung des Inhabers eines Unternehmens (§ 12) sowie
– 18 –
Regelungen zur Zuständigkeit der Gerichte (§ 15) und eine Härtefallregelung in der
Streitwertbegünstigung (§ 22). Diese Regelungen sind für ein neues Stammgesetz erforderlich
und in verwandten Gesetzen wie dem UWG, dem Patentgesetz (PatG), dem Urheberrechtsgesetz
(UrhG) und dem Markengesetz (MarkenG) ebenfalls enthalten.
Der Entwurf entspricht auch den Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland auf
Grund von internationalen Verträgen übernommen hat. Nach Artikel 39 Absatz 2 des
Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums
(BGBl. 1994 II S. 1438, 1730 – TRIPS) müssen die Mitgliedstaaten zur Sicherung eines
wirksamen Schutzes gegen den unlauteren Wettbewerb „nicht offenbarte Informationen“
insofern schützen, als juristische und natürliche Personen verhindern können sollen, dass
Informationen, die rechtmäßig unter ihrer Kontrolle stehen, ohne ihre Zustimmung auf
eine Art und Weise erworben oder benutzt werden, die den anständigen Gepflogenheiten
in Handel und Gewerbe widersprechen.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Verwaltungsverfahren werden von diesem Entwurf nicht berührt, da die Durchsetzung des
Schutzes von Geschäftsgeheimnissen zivilrechtlich ausgestaltet ist. Die Regelungen zum
Strafverfahren in Abschnitt 4 entsprechen den bisherigen Regelungen in den §§ 17 bis 19
UWG.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen
Entwicklung im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Ein verbesserter
Schutz von Geschäftsgeheimnissen stärkt die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft
und folgt damit der Regel 6 des Nachhaltigkeitsmanagementsystems. Durch die
Ausnahmetatbestände wird gleichzeitig das Recht auf Informationsfreiheit, die Pressefreiheit
und das Recht zur Offenbarung von Missständen klargestellt. Das trägt zur gesellschaftlichen
Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger und damit zum gesellschaftlichen Zusammenhallt
im Sinne der Regel 10 des Nachhaltigkeitsmanagementsystems bei.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Gesetzesänderungen und ihr Vollzug führen weder bei Bund und Ländern noch bei
den Gemeinden zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen.
4. Erfüllungsaufwand
a) Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
b) Wirtschaft
Die durch die Definition des Geschäftsgeheimnisses neu eingefügte Schutzvoraussetzung
der „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ wird voraussichtlich bei einem Teil der
Kleinstunternehmen dazu führen, dass diese bisher nicht praktizierte angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen
treffen, um in den Schutzbereich des Gesetzes einbezogen zu
werden. Ein Großteil der Unternehmen trifft diese Maßnahmen im wohlverstandenen Eigeninteresse
schon jetzt. Insbesondere größere und mittlere Betriebe schützen bereits
ihre Geschäftsgeheimnisse, zum Beispiel durch eine Zugangskontrolle oder durch vertragliche
Geheimhaltungsverpflichtungen, um zu verhindern dass die betreffenden Infor-
19 –
mationen offenkundig werden. Es handelt sich damit um sogenannte Sowieso-Kosten.
Weiterhin wird es eine nicht unbeträchtliche Zahl von Betrieben geben, bei denen keine
Geschäftsgeheimnisse vorhanden sind oder bei denen kein Interesse besteht, diese zu
schützen, weil eine Verletzung unwahrscheinlich ist. Einen Erfüllungsaufwand wird das
Gesetz voraussichtlich bei einem Teil der Kleinstunternehmen und Startups auslösen, die
Informationen haben, bei denen ein Geheimhaltungsinteresse besteht, diese aber möglicherweise
bislang nicht ausreichend geschützt haben. Diese müssen nun prüfen, ob ihre
Schutzmaßnahmen angemessen sind, und gegebenenfalls zusätzliche Schutzvorkehrungen
treffen.
Das Statistische Bundesamt weist für das Jahr 2015 2,4 Millionen kleine und mittlere Unternehmen
(KMU) aus, von denen 2 Millionen Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern
sind. Die Richtlinie sieht einen harmonisierten Schutz von Geschäftsgeheimissen
insbesondere in Bezug auf solche Informationen vor, bei denen das Risiko eines Diebstahls
wertvoller Informationen und Kenntnisse aus der Forschung von Unternehmen besteht,
mit denen später Immaterialgüterrechte erworben werden könnten. Im Hinblick auf
die Kleinstunternehmen ist davon auszugehen, dass diese teilweise keine angemessenen
Geheimhaltungsmaßnahmen implementiert habe. Es wird angenommen, dass etwa 20
Prozent der Kleinstunternehmen über Informationen verfügen, bei denen ein Geheimnisschutz
in Betracht kommt, und dass wiederum 25 Prozent davon im Zusammenhang mit
dem Inkrafttreten des GeschGehG Geheimhaltungsmaßnahmen treffen werden, um in
den Schutzbereich des Gesetzes zu fallen. Die Maßnahmen lösen einen einmaligen Umstellungsaufwand
aus, zum Beispiel durch die Vereinbarung von Geheimhaltungsverpflichtungen
mit Mitarbeiten oder die Erarbeitung eines Konzepts für die Zugangskontrolle
zu Geschäftsgeheimnissen.
Ausgehend von 100 000 relevanten KMU in Deutschland ist bei einem Aufwand von zwei
Stunden für Prüfung und Umstellung bei mittlerem Qualifikationsniveau (32,20 Euro pro
Stunde) von einem einmaligen Umstellungsaufwand von 6 440 000 Euro auszugehen.
Der Aufwand beruht auf einer 1:1-Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943. Zwar sind
einige Regelungen nicht ausdrücklich in der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgesehen. Bei den
Regelungen in den §§ 15 und 20 handelt es sich jedoch um Konkretisierungen der in der
Richtlinie (EU) 2016/943 vorgesehenen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen
im Verfahren. Sie sind erforderlich, weil ansonsten den Gerichten die Rechtsanwendung
erschwert würde und die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung gefährdet wäre.
Nicht in der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgesehen sind lediglich die Vorschriften in den
§§ 8, 12 und 22. Bei § 8 handelt es sich um einen Auskunftsanspruch, bei § 12 um eine
Haftungsüberleitungsregel und bei § 22 um eine Regelung zur Streitwertbegünstigung.
Die Regelungen ergänzen die von der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgesehenen Regelungen
und lösen keinen Erfüllungsaufwand aus. Der Erfüllungsaufwand unterfällt daher nicht
dem Anwendungsbereich der „One in, one out“-Regel.
c) Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
5. Weitere Kosten
Der Entwurf verbessert den Schutz von Geschäftsgeheimnissen, indem zivilrechtliche
Ansprüche ausgebaut werden und besondere Geheimhaltungsregelungen im gerichtlichen
Verfahren bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen vorgesehen werden. Unter
der Annahme, dass angesichts von derzeit jährlich vier bei juris veröffentlichten Entscheidungen
zu den §§ 17, 18 UWG von 20 Verfahren jährlich auszugehen ist, wird durch
die Verbesserung des Rechtsschutzes durch Inkrafttreten des Entwurfs von 80 zusätzlichen
Verfahren pro Jahr ausgegangen. Die Länder erhalten die Möglichkeit, die Mehrbe-
20 –
lastung besser aufzufangen, indem sie nach Artikel 1 § 15 Absatz 3 gegebenenfalls die
gerichtliche Zuständigkeit konzentrieren.
Kosten für soziale Sicherungssysteme werden nicht erwartet. Auch sind keine Auswirkungen
auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, ersichtlich.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Weitere Gesetzesfolgen, insbesondere verbraucherpolitische, gleichstellungspolitische
und demografische Auswirkungen, sind nicht zu erwarten.
VII. Befristung; Evaluierung
Der Entwurf sieht zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 die Schaffung eines neuen
Stammgesetzes vor sowie die sich daraus ergebenden Änderungen bestehender Gesetze.
Das Stammgesetz wird auf Grund der unbefristeten Geltung der Richtlinie (EU)
2016/943 für eine unbestimmte Zeit erforderlich sein. Daher ist eine Befristung nicht vorgesehen.
Die Richtlinie (EU) 2016/943 soll ausreichenden Schutz von Geschäftsgeheimnissen unionsweit
sicherstellen. Die Erreichung dieses Ziels, die hierzu in den Mitgliedstaaten getroffenen
Regelungen und deren Wirksamkeit wird die Kommission bis 2021 (Zwischenbericht)
und 2026 (Bewertung) überprüfen. Grundlage der Evaluierung werden Berichte der
Europäischen Beobachtungsstelle und der Mitgliedstaaten sein. Die deutschen Berichte
werden dem nationalen Evaluierungsverfahren nach dem Staatssekretärsbeschluss der
Bundesregierung gleichwertig sein. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
wird die Vorbereitung der Berichterstattung an die Kommission für die Bewertung
im Jahr 2026 mit einer Evaluierung der Regelungen verbinden, die über die 1:1-
Umsetzung der Richtlinie hinausgehen. Evaluierung und Berichterstattung werden auf
Auswertungen der Justizstatistik sowie auf Länder- und Verbändebefragungen beruhen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen – GeschGehG)
Zu Abschnitt 1 (Allgemeines)
Zu § 1 (Anwendungsbereich)
Zu Absatz 1
Absatz 1 enthält den Gesetzeszweck.
Zu Absatz 2
Absatz 2 Satz 1 regelt den Anwendungsvorrang von öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur
Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. Das
GeschGehG regelt die Rechtsfolgen der Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen
zwischen Privaten, nicht aber das Verhältnis zwischen Privaten und
öffentlichen Stellen. Daher ist das Gesetz beispielsweise nicht anwendbar auf Informationsansprüche
gegen staatliche Stellen, öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung
von Geschäftsgeheimnissen oder Verschwiegenheitspflichten für Angehörige des
öffentlichen Dienstes (siehe auch Erwägungsgründe 11 und 18 der Richtlinie (EU)
2016/943). Dies gilt auch für eine abweichende Definition des Geschäftsgeheimnisses in
– 21 –
öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Es gilt zudem nicht für die Verschwiegenheitspflichten
der Notare, da diese Träger eines öffentlichen Amtes sind.
Die Regelung setzt u.a. Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Damit wird u.a. klargestellt, dass eine Anwendung des Gesetzes im Anwendungsbereich
der in Deutschland geltenden Vorschriften zum Zugang zu Umweltinformationen ausgeschlossen
ist. Die umweltinformationsrechtlichen Vorschriften regeln abschließend, wann
staatliche und private informationspflichtige Stellen Umweltinformationen, die Geschäftsgeheimnisse
enthalten, herauszugeben oder dies abzulehnen haben. Die Vorschriften
beruhen auf der Umweltinformations-Richtlinie 2003/4/EG sowie dem dahinterstehenden
Übereinkommen vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Umweltinformationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung
an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten
(Aarhus-Übereinkommen). Das Aarhus-Übereinkommen ist von allen
EU-Mitgliedstaaten sowie der EU ratifiziert und entfaltet damit nicht nur völkerrechtliche,
sondern als Teil des Unionsrechts auch unionsrechtliche Bindungswirkung.
Zu Absatz 3
Zu Nummer 1
Absatz 3 Nummer 1 macht deutlich, dass der berufs- und strafrechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen,
deren unbefugte Offenbarung von § 203 des Strafgesetzbuches
(StGB) erfasst wird, unberührt bleibt. Das GeschGehG regelt den Schutz von Geschäftsgeheimnissen,
lässt jedoch anderweitige Verpflichtungen unberührt, die sich zum Beispiel
aus dem Schutz der Geheimsphäre des Einzelnen sowie dem Allgemeininteresse an der
Verschwiegenheit der in Krankheit und Rechtsfragen helfenden Berufe ergeben.
Zu Nummer 2
Absatz 3 Nummer 2 stellt klar, dass die Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung
und der Informationsfreiheit nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien, unberührt bleibt.
Die Regelung setzt Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Zu Nummer 3
Ebenfalls unberührt durch das GeschGehG bleiben die Autonomie der Sozialpartner und
ihr Recht, Kollektivverträge nach den bestehenden europäischen und nationalen Vorschriften
abzuschließen. Die Regelung setzt Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Richtlinie
(EU) 2016/943 um.
Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)
§ 2 setzt die Begriffsbestimmungen aus Artikel 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Die
Definitionen gelten lediglich für dieses Gesetz.
Zu Nummer 1
Nummer 1 enthält die Definition des Geschäftsgeheimnisses und damit die Voraussetzung
für die Eröffnung des Schutzbereiches der Richtlinie (EU) 2016/943. Der Begriff des
Geschäftsgeheimnisses umfasst den ebenfalls in der Richtlinie verwendeten Begriff des
Know-hows und den im deutschen Recht verwendeten Begriff des Betriebsgeheimnisses,
wenn diese Informationen den in den Buchstaben a und b aufgestellten Voraussetzungen
genügen, da die Unterscheidung keine praktische Relevanz besitzt. Es kann sich sowohl
um technisches wie auch um kaufmännisches Wissen handeln. Ausweislich des Erwägungsgrundes
14 der Richtlinie (EU) 2016/943 ist Grundlage der Definition des Geschäftsgeheimnisses,
dass sie Know-how, Geschäftsinformationen und technologische
Informationen abdeckt, bei denen sowohl ein legitimes Interesse an ihrer Geheimhaltung
– 22 –
besteht als auch die legitime Erwartung, dass diese Vertraulichkeit gewahrt wird. Dies
steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung zum Begriff des Geschäftsgeheimnisses,
wonach solche Informationen geschützt sind, an deren Nichtverbreitung der
Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat.
Die Definition des Geschäftsgeheimnisses entspricht der des Artikels 39 Absatz 2 des
Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums
(BGBl. 1994 II S. 1438, 1730 – TRIPS). Sie entspricht im Wesentlichen außerdem der von
der Rechtsprechung zu § 17 UWG alte Fassung entwickelten Definition des Geschäftsgeheimnisses.
Die in den Buchstaben a und b genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen,
um die Definition des Geschäftsgeheimnisses zu erfüllen.
Zu Buchstabe a
Buchstabe a nennt als Voraussetzung, dass die Information weder insgesamt noch in der
genauen Anordnung und Zusammensetzung den Personen in den Kreisen, die üblicherweise
mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres
zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist. Ausgeschlossen von der Definition
werden damit belanglose Informationen sowie Informationen, die den Personenkreisen,
die üblicherweise mit derartigen Informationen umgehen, generell bekannt sind bzw. die
für sie leicht zugänglich sind. Eine Information besitzt wirtschaftlichen Wert, wenn ihre
Erlangung, Nutzung oder Offenlegung ohne Zustimmung des Inhabers dessen wissenschaftliches
oder technisches Potenzial, geschäftliche oder finanzielle Interessen, strategische
Position oder Wettbewerbsfähigkeit negativ beeinflussen (vgl. Erwägungsgrund 14
der Richtlinie (EU) 2016/943). Geschützt sind daher auch Forschungsergebnisse von Universitäten.
Typischerweise werden hierzu zum Beispiel Herstellungsverfahren, Kundenund
Lieferantenlisten, Kosteninformationen, Geschäftsstrategien, Unternehmensdaten,
Marktanalysen, Prototypen, Formeln und Rezepte zählen. Kein Geschäftsgeheimnis sind
dagegen Informationen, bei denen ein Geheimhaltungsinteresse des Inhabers besteht,
die aber rein privat und nicht im geschäftlichen Verkehr verwertbar sind.
Zu Buchstabe b
Buchstabe b fordert den Umständen nach angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen
durch den rechtmäßigen Inhaber des Geschäftsgeheimnisses nach Nummer 2. Nach der
Definition des Geschäftsgeheimnisses zu § 17 UWG alte Fassung reichte dagegen ein
erkennbarer subjektiver Geheimhaltungswille aus, der sich in objektiven Umständen manifestiert.
Bei den vom Inhaber zu treffenden, den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen
handelt es sich dagegen um eine objektive Voraussetzung, für
die der Inhaber im Streitfall beweisbelastet ist.
Welche Arten von Geheimhaltungsmaßnahmen konkret erfolgen müssen, hängt von der
Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen und den konkreten Umständen der Nutzung
ab. In Betracht kommen sowohl physische Zugangsbeschränkungen und Vorkehrungen
wie auch vertragliche Sicherungsmechanismen. Es ist nicht erforderlich, jede geheim zu
haltende Information gesondert zu kennzeichnen, sondern es können grundsätzlich Maßnahmen
für bestimmte Kategorien von Informationen ergriffen werden (zum Beispiel technische
Zugangshürden) oder durch allgemeine interne Richtlinien und Anweisungen oder
auch in Arbeitsverträgen vorgegeben werden. Bei der Wertung der Angemessenheit der
Schutzmaßnahmen können insbesondere berücksichtigt werden: der Wert des Geschäftsgeheimnisses
und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Informationen, die
Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen
in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen
und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern. Die
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Pflicht zu den Umständen angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen trifft auch Lizenznehmer,
die ebenfalls Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses sein können.
Zu Nummer 2
§ 2 Nummer 2 enthält die Definition des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses aus Artikel
2 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2016/943. Inhaber ist jede natürliche oder juristische
Person, die die rechtmäßige Kontrolle über ein Geschäftsgeheimnis besitzt. Hierunter
können auch Lizenzinhaber fallen.
Zu Nummer 3
§ 2 Nummer 3 enthält die Definition des Rechtsverletzers und setzt Artikel 2 Nummer 3
der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Rechtsverletzer ist nur derjenige, der gegen § 4 verstößt,
ein Verstoß gegen Normen aus anderen Gesetzen fällt nicht unter die Definition.
Zu Nummer 4
§ 2 Nummer 4 enthält die Definition des rechtsverletzenden Produkts aus Artikel 2 Nummer
4 der Richtlinie (EU) 2016/943. Ein rechtsverletzendes Produkt kann im Einzelfall
nicht vorliegen, wenn es nur in geringem Umfang auf rechtswidrig erlangten, genutzten
oder offengelegten Geschäftsgeheimnissen beruht.
Zu § 3 (Erlaubte Handlungen)
§ 3 enthält Fallgruppen, in denen die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
erlaubt ist. Die Vorschrift setzt Artikel 3 der Richtlinie (EU) 2016/943
um. Anders als in der Richtlinie (EU) 2016/943 wird der Begriff der Erlangung anstatt des
Erwerbs verwendet, da über den rechtsgeschäftlichen Erwerb hinaus jegliche Kenntnisnahme
eines Geschäftsgeheimnisses in dem Sinne erfasst werden soll, dass faktisch
darüber verfügt werden kann. Das beinhaltet eine aktive Kenntnisnahme des Geschäftsgeheimnisses
oder bei in Gegenständen verkörperten Geschäftsgeheimnissen ein Ansichbringen
des Gegenstands.
Zu Absatz 1
Zu Nummer 1
Nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 darf ein Geschäftsgeheimnis durch eine eigenständige Entdeckung
oder Schöpfung erlangt werden. Somit kann es im Fall der parallelen Entdeckung
oder Schöpfung mehrere Inhaber ein und desselben Geschäftsgeheimnisses geben.
Die Regelung drückt aus, dass keine Exklusivrechte an als Geschäftsgeheimnis geschützten
Informationen begründet werden sollen. Auch im Urheberrecht existiert die
Möglichkeit der Doppelschöpfung.
Zu Nummer 2
Nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 darf ein Geschäftsgeheimnis ebenfalls erlangt werden
durch Beobachtung, Untersuchung, Rückbau oder Testen eines Produkts oder Gegenstandes
in zwei Fällen: Entweder wenn dieses öffentlich verfügbar gemacht wurde (Buchstabe
a) oder wenn das Produkt oder der Gegenstand sich im rechtmäßigen Besitz desjenigen
befindet, der es beobachtet, testet, untersucht oder rückbaut und dieser keiner
Pflicht zur Beschränkung der Erlangung des Geschäftsgeheimnisses unterliegt (Buchstabe
b).
Damit wird die Entschlüsselung von Geschäftsgeheimnissen aus Produkten selbst (das so
genannte „Reverse Engineering“) grundsätzlich zulässig. Der Vorschrift liegt wie Nummer
1 die Wertung zugrunde, dass keine Exklusivrechte an als Geschäftsgeheimnis ge-
24 –
schützten Informationen begründet werden sollen. Bisher ging die Rechtsprechung für
den Fall, dass ein Geschäftsgeheimnis über eine Untersuchung des in Verkehr gebrachten
Produkts erschlossen werden konnte, nur dann von einer Offenkundigkeit der Informationen
und damit nicht von einem geschützten Geschäftsgeheimnis aus, wenn jeder
Fachmann ohne größeren Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand zur Ableitung in der Lage
wäre. § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 erweitert demnach die Möglichkeiten zum Reverse
Engineering. Diesem können jedoch weiterhin immaterialgüterrechtliche oder lauterkeitsrechtliche
Schranken entgegenstehen.
Zu Buchstabe a
Unbeschränkt zulässig ist ein Reverse Engineering bei Produkten, die öffentlich verfügbar
gemacht wurden. Dies umfasst frei auf dem Markt erhältliche Produkte. Unabhängig vom
GeschGehG besteht jedoch weiterhin ein lauterkeitsrechtlicher Schutz, zum Beispiel vor
Herkunftstäuschung und Rufausbeutung nach § 4 Nummer 3 UWG.
Zu Buchstabe b
Buchstabe b betrifft Fälle, in denen die Produkte oder Gegenstände, die einem Reverse
Engineering unterzogen wurden, nicht öffentlich verfügbar gemacht wurden, sondern zum
Beispiel einem Vertragspartner zur Nutzung zur Verfügung gestellt wurden. In diesem Fall
ist ein Reverse Engineering nur zulässig, wenn der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses
dem Vertragspartner nicht vertraglich untersagt hat, das Geschäftsgeheimnis durch Reverse
Engineering zu erlangen. Dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses wird in solchen
Fällen damit anheimgestellt, die Möglichkeit zum Reverse Engineering vertraglich auszuschließen
und so eine rechtmäßige Erlangung des Geschäftsgeheimnisses zu verhindern.
Die vertragliche Vereinbarung muss wirksam sein.
Zu Nummer 3
Nach § 3 Absatz 1 Nummer 3 darf ein Geschäftsgeheimnis ebenfalls erlangt werden,
wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmervertretung dadurch ihr Recht auf Information und
Anhörung bzw. auf Mitwirkung und Mitbestimmung in Anspruch nehmen. Daraus folgt,
dass die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen nicht mit dem Hinweis auf das
Vorliegen von Geschäftsgeheimnissen eingeschränkt werden können. Hiervon unabhängig
können jedoch arbeitsrechtliche Geheimhaltungsverpflichtungen bestehen. Die Regelung
entspricht der derzeitigen Rechtslage und entfaltet daher lediglich klarstellende Wirkung.
Zu Absatz 2
Absatz 2 legt den Grundsatz fest, dass ein Geschäftsgeheimnis erlangt, genutzt oder offengelegt
werden darf, wenn dies durch Gesetz, auf Grund eines Gesetzes oder durch
Rechtsgeschäft gestattet ist. Die Vorschrift stellt insbesondere klar, dass Sonderregelungen
zu Geschäftsgeheimnissen in anderen Gesetzen vorgehen. Dies betrifft unter anderem
Vorschriften über die gesetzlich verankerten Rechte der Interessenvertretungen der
Arbeitnehmer (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie). Der Begriff des Gesetzes erfasst
auch unmittelbar geltendes Unionsrecht. Erfasst werden auch Vorschriften, die den Umgang
mit Informationen regeln, die zugleich auch Geschäftsgeheimnisse darstellen können.
Zu § 4 (Handlungsverbote)
§ 4 enthält einen Katalog von Handlungsverboten, bei deren Missachtung eine rechtswidrige
Erlangung oder eine rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung vorliegt, soweit die
Handlungen nicht nach § 3 erlaubt sind. Die Vorschrift setzt Artikel 4 Absatz 1 bis 5 der
Richtlinie (EU) 2016/943 um.
– 25 –
Die Festlegung eines Katalogs von Handlungsverboten verdeutlicht, dass Geschäftsgeheimnisse
nicht gegen jede Benutzung durch Dritte ohne Zustimmung des Inhabers des
Geschäftsgeheimnisses geschützt werden, sondern nur gegen bestimmte unlautere Verhaltensweisen.
Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Geschäftsgeheimnissen
zwar in gewisser Weise um Immaterialgüterrechte handelt, aber anders als bei
Patenten, Marken und Urheberrechten keine subjektiven Ausschließlichkeits- und Ausschließungsrechte
vorliegen können, weil der rechtliche Schutz allein von der Geheimhaltung
der Information abhängt und nicht von anderen Voraussetzungen wie einer Eintragung
oder einer besonderen Schöpfungshöhe. Um Innnovation und Wettbewerb weiterhin
zu ermöglichen, werden daher Geschäftsgeheimnisse nicht völlig der Gemeinfreiheit entzogen
und ihrem Inhaber mit Wirkung gegenüber jedermann zugeordnet, sondern es wird
lediglich ein bestehender Zustand rechtlich abgesichert.
Zu Absatz 1
Absatz 1 legt Fälle fest, in denen die Erlangung eines Geschäftsgeheimnisses unzulässig
ist.
Zu Nummer 1
Nach Nummer 1 ist die Erlangung eines Geschäftsgeheimnisses durch bestimmte Verhaltensweisen
unzulässig. Hierbei handelt es sich um den unbefugten Zugang zu Dokumenten,
Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die das Geschäftsgeheimnis
enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt, oder um
die unbefugte Aneignung oder das unbefugte Kopieren von derartigen Dokumenten, Gegenständen,
Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien. Die Dokumente, Gegenstände,
Materialien, Stoffe oder elektronischen Dateien müssen sich außerdem unter der
rechtmäßigen Kontrolle des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses befinden. Die Erlangung
selbst ist nicht unzulässig, wenn der Handelnde befugten Zugang zum Geschäftsgeheimnis
hatte oder dieses kopieren oder sich aneignen durfte, zum Beispiel weil er im
Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses Zugriff auf das Geschäftsgeheimnis hat. Bei
einem Gebrauch oder einer Weitergabe eines dermaßen erworbenen Geschäftsgeheimnisses
kann jedoch eine unzulässige Nutzung oder Offenlegung nach Absatz 2 vorliegen.
Zu Nummer 2
Nummer 2 enthält einen an die deutsche Rechtsterminologie angepassten Auffangtatbestand,
der jede Art von unlauterem Geschäftsgebaren als unzulässig einstuft. Dieser offene
Tatbestand trägt dem Umstand Rechnung, dass im GeschGehG nicht abschließend
alle Handlungen festgelegt werden können, in denen eine Erlangung unzulässig ist. Die
vorgesehene Übernahme der Terminologie der lauterkeitsrechtlichen Generalklauseln
ermöglicht hierbei eine interessengerechte Bewertung anhand der Umstände des jeweiligen
Einzelfalls.
Zur Auslegung herangezogen werden kann Fußnote 10 zu Artikel 39 Absatz 2 TRIPS.
Diese definiert den Erwerb, die Nutzung oder die Offenbarung von geschützten Informationen
an Dritte auf „eine Weise, die den anständigen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe
zuwiderläuft“ derart, dass sie zumindest Handlungen wie Vertragsbruch, Vertrauensbruch
und Verleitung umfasst und den Erwerb nicht offenbarter Informationen durch
Dritte einschließt, die wussten oder grob fahrlässig nicht wussten, dass solche Handlungen
beim Erwerb eine Rolle spielten.
Zu Absatz 2
Absatz 2 legt Fälle fest, in denen die Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
unzulässig ist.
– 26 –
Nutzung ist jede Verwendung des Geschäftsgeheimnisses, solange es sich nicht um Offenlegung
handelt. Offenlegung bedeutet die Eröffnung des Geschäftsgeheimnisses gegenüber
Dritten, nicht notwendigerweise der Öffentlichkeit.
Zu Nummer 1
Nach Nummer 1 ist die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses unzulässig,
wenn bereits die Erlangung des Geschäftsgeheimnisses wegen eines Verstoßes
gegen Absatz 1 Nummer 1 (Buchstabe a) oder Absatz 1 Nummer 2 (Buchstabe b)
rechtswidrig ist.
Zu Nummer 2
Die Nutzung ist nach Nummer 2 unzulässig, wenn die das Geschäftsgeheimnis nutzende
oder offenlegende Person gegen eine vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Beschränkung
der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses verstößt. Das betrifft insbesondere
Fälle, in denen der Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen nach Absatz 1 Nummer 1
befugt erfolgt war und somit keine rechtswidrige Erlangung vorliegt.
Eine solche Befugnis zum Zugang zu Geschäftsgeheimnissen wird in der Regel bei Beschäftigten
gegeben sein. Diese können bei der Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
jedoch gegen vertragliche Pflichten verstoßen. Im Arbeitsverhältnis
sind Geheimhaltung und Loyalität grundsätzlich vertragliche Verpflichtungen des Arbeitnehmers.
Die vertragliche Verpflichtung muss rechtmäßig sein und darf insbesondere
berechtigte Interessen zur Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses nicht
beeinträchtigen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach Artikel 1 Absatz 3
Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2016/943 die Richtlinie nicht die Nutzung von Erfahrungen
und Fähigkeiten beschränken darf, die Arbeitnehmer im normalen Verlauf ihrer Tätigkeit
ehrlich erworben haben. Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2016/943
weist außerdem darauf hin, dass auf Grund der Richtlinie keine Auferlegung zusätzlicher
Beschränkungen für Arbeitnehmer in ihren Arbeitsverträgen zulässig ist, die nicht gemäß
dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht auferlegt werden. Daher sind die bestehenden
Grundsätze zu den Anforderungen an Verschwiegenheitsverpflichtungen sowie nachvertragliche
Wettbewerbsverbote weiterhin anwendbar.
Zu Nummer 3
Die Offenlegung ist nach Nummer 3 ebenfalls unzulässig, wenn die das Geschäftsgeheimnis
nutzende oder offenlegende Person gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung
oder eine sonstige Verpflichtung verstößt, das Geschäftsgeheimnis nicht offenzulegen.
Das betrifft insbesondere Fälle, in denen eine Person befugt war, Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen
nach Absatz 1 Nummer 1 zu haben und somit keine rechtswidrige
Erlangung vorliegt. Unter eine Vertraulichkeitsvereinbarung fällt auch die Verpflichtung
von Arbeitnehmern im Arbeitsverhältnis zu Geheimhaltung und Loyalität.
Zu Absatz 3
Absatz 3 zielt auf Situationen, in denen die Person, die das Geschäftsgeheimnis erlangt,
nutzt oder offenlegt, selbst keinen Verstoß gegen Absatz 2 begangen hat, zum Beispiel
weil sie das Geschäftsgeheimnis von einem Dritten erhalten hat. In diesen Fällen kommt
es darauf an, ob sie wusste oder fahrlässig nicht wusste, dass sie das Geschäftsgeheimnis
über eine andere Person oder mehrere andere Personen erlangt hat, die das Geschäftsgeheimnis
rechtswidrig erlangt oder rechtswidrig genutzt oder es offengelegt haben.
Es reicht aus, dass bei einer Weitergabe des Geschäftsgeheimnisses über mehrere
Personen eine andere Person in der Kette gegen Absatz 2 verstoßen hat und der oder die
Handelnde das wusste oder hätte wissen können. Satz 2 stellt klar, dass die Herstellung,
das Anbieten, das Inverkehrbringen sowie die Einfuhr, die Ausfuhr und die Lagerung
rechtsverletzender Produkte für diese Zwecke Formen der Nutzung darstellen.
– 27 –
Zu § 5 (Rechtfertigungsgründe)
§ 5 enthält Fallgruppen, in denen die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines
Geschäftsgeheimnisses gerechtfertigt sind, wenn dies zum Schutz eines berechtigten
Interesses erfolgt. Ist die Handlung im Einzelfall gerechtfertigt, sind die in Abschnitt 2 aufgezählten
Ansprüche ausgeschlossen. Die Vorschrift setzt Artikel 5 der Richtlinie (EU)
2016/943 um und berücksichtigt, dass der Schutz von Geschäftsgeheimnissen nicht absolut
sein kann und im Einzelfall hinter Belangen des Allgemeinwohls zurücktreten muss.
Berechtigtes Interesse kann jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse sein. Es
umfasst auch Interessen wirtschaftlicher oder ideeller Art, wenn diese von der Rechtsordnung
gebilligt werden. In Betracht kommen sowohl eigene Interessen wie die Durchsetzung
von Ansprüchen oder Abwehr von Beeinträchtigungen wie auch die Verfolgung legitimer
Gruppeninteressen, zum Beispiel wenn die Arbeitnehmervertretung über einen bevorstehenden
Personalabbau unterrichtet. Eine Abwägung mit den Interessen des Inhabers
des Geschäftsgeheimnisses ist in Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2016/943 nicht ausdrücklich
vorgesehen, kann aber über den Begriff des berechtigten Interesses im Einzelfall
zur Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Dies entspricht dem Erwägungsgrund
21 der Richtlinie (EU) 2016/943 und den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts.
§ 5 ist auch anwendbar auf die Strafvorschriften des § 23.
Zu Nummer 1
Nach Nummer 1 ist die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit
gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zulässig, einschließlich
der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien. Die Vorschrift soll insbesondere
den Schutz von journalistischen Quellen gewährleisten und so eine Beeinträchtigung
des investigativen Journalismus verhindern. Die Anwendbarkeit des Rechtfertigungsgrundes
auf investigativ tätige Journalisten ist hierbei unabhängig von der Rechtmäßigkeit der
Offenbarung des Geschäftsgeheimnisses durch die Quelle.
Durch die Verweisung auf die Vorschriften der Charta der Grundrechte der Europäischen
Union wird diese insgesamt und nicht nur dessen Artikel 11 in Bezug genommen. Das
bedeutet, dass neben dem Grundrecht auch die in der Charta geregelten Schrankenbestimmungen
zur Anwendung kommen. Es reicht daher nicht aus, sich auf das Grundrecht
lediglich zu berufen, sondern dessen Ausübung muss im Einzelfall in Übereinstimmung
mit den Vorgaben der Charta erfolgen.
Nach den Vorgaben des Artikels 52 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen
Union müssen Einschränkungen der in der Charta enthaltenen Grundrechte den
Wesensgehalt der garantierten Rechte achten und dürfen unter Wahrung des Grundsatzes
der Verhältnismäßigkeit nur aus Gründen des Gemeinwohls oder zum Schutz der
Rechte und Freiheiten anderer vorgenommen werden. Nach Artikel 52 Absatz 3 Satz 1
der Charta sind hierbei auch die Vorgaben des Artikels 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention
zu beachten. Das bedeutet, dass Einschränkungen der Meinungsfreiheit
zum Schutz der Rechte der Inhaber von Geschäftsgeheimnissen erforderlich sein müssen
und im Einzelfall eine Abwägung der entgegenstehenden Grundrechte des Inhabers des
Geschäftsgeheimnisses mit der wertsetzenden Bedeutung der Meinungsfreiheit im freiheitlichen
und demokratischen Rechtsstaat vorzunehmen ist. Gleiches gilt für die Achtung
der Freiheit und der Pluralität der Medien.
Zu Nummer 2
Die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses ist nach
Nummer 2 ebenfalls gerechtfertigt, um eine rechtswidrige Handlung oder ein berufliches
oder sonstiges Fehlverhalten aufzudecken. Voraussetzung ist, dass die das Geschäftsgeheimnis
aufdeckende Person in der Absicht gehandelt hat, das allgemeine öffentliche In-
28 –
teresse zu schützen. Die Vorschrift dient dem Schutz der so genannten Whistleblower
und stellt klar, dass auch die Erlangung, die Nutzung und die Offenlegung von Informationen
über rechtswidrige Handlungen und ein berufliches oder sonstiges Fehlverhalten unter
den genannten Voraussetzungen gerechtfertigt sind. Regelungen in anderen Gesetzen,
die dem Schutz von Hinweisgebern dienen, wie zum Beispiel § 4d Absatz 6 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz,
§ 3b Absatz 5 des Börsengesetzes oder die §§ 47, 53
Absatz 5 des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten, werden
von dieser Regelung nicht berührt.
Vom Begriff des beruflichen Fehlverhaltens ist ein Verstoß gegen berufsständische Normen
erfasst. Darüber hinaus ist die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines
Geschäftsgeheimnisses gerechtfertigt, um ein „sonstiges Fehlverhalten“ aufzudecken.
Hiervon können Aktivitäten erfasst sein, die ein unethisches Verhalten darstellen, aber
nicht notwendigerweise gegen Rechtsvorschriften verstoßen. Ein Beispiel hierfür könnten
Auslandsaktivitäten eines Unternehmens sein, die in den betreffenden Ländern nicht
rechtswidrig sind, aber dennoch von der Allgemeinheit als Fehlverhalten gesehen werden,
wie zum Beispiel Kinderarbeit oder gesundheits- oder umweltschädliche Produktionsbedingungen.
Auch die systematische und unredliche Umgehung von Steuertatbeständen
wird in der öffentlichen Diskussion häufig als unethisches Verhalten angesehen.
Die Rechtfertigung nach Nummer 2 erfordert subjektiv, dass die das Geschäftsgeheimnis
offenlegende Person in der Absicht handelt, das allgemeine öffentliche Interesse zu
schützen. Die offenlegende Person muss hierbei mit dem Motiv handeln, auf einen Missstand
hinzuweisen, um zu einer gesellschaftlichen Veränderung beizutragen. Ausgeschlossen
sind damit zum Beispiel die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses als Druckmittel
oder eine Offenbarung des Geschäftsgeheimnisses aus Rache. Auch die Offenlegung
gegenüber dem Geschädigten kann dem öffentlichen Interesse dienen, wenn dieser hierdurch
in die Lage versetzt wird, einen Rechtsverstoß zu beenden und die Geltungskraft
der Rechtsordnung durchzusetzen. Die Absicht, das allgemeine öffentliche Interesse zu
schützen, muss dabei das dominierende, nicht jedoch das ausschließliche Motiv sein. Es
handelt sich um ein subjektives Motiv, das aber im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens
einer Plausibilitätskontrolle unterzogen werden kann.
Zu Nummer 3
Arbeitnehmer haben das Recht, ihre Arbeitnehmervertretung zu kontaktieren. Es ist möglich,
dass sie in diesem Zusammenhang Geschäftsgeheimnisse offenlegen bzw. nutzen.
Gleichzeitig kann die Arbeitnehmervertretung durch diesen Vorgang ein Geschäftsgeheimnis
erlangen.
Daher privilegiert Nummer 3 die Erlangung, die Nutzung oder die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
im Rahmen der Offenlegung gegenüber der Arbeitnehmervertretung,
soweit die Offenlegung aus Sicht des Arbeitnehmers erforderlich ist, damit die Arbeitnehmervertretung
ihre Aufgaben erfüllen kann. Die Regelung dient dem Schutz von
Arbeitnehmern, die sich mit einem Geschäftsgeheimnis an die Arbeitnehmervertretung
wenden. Gleichzeitig dient sie dem Schutz der Arbeitnehmervertretung, die auf diesem
Weg ein Geschäftsgeheimnis erlangt.
Zu Abschnitt 2 (Ansprüche bei Rechtsverletzungen)
Zu § 6 (Beseitigung und Unterlassung)
§ 6 Satz 1 gibt dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses einen Anspruch gegen den
Rechtsverletzer auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr und Gefahr
der erstmaligen Begehung auf Unterlassung. Der Anspruch unterliegt nach § 9 dem
Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall. Die Vorschrift setzt Artikel 12 Absatz 1
der Richtlinie (EU) 2016/943 um und entspricht Vorschriften wie § 8 Absatz 1 UWG, § 97
Absatz 1 UrhG und § 42 Absatz 1 des Designgesetzes (DesignG). Für Voraussetzungen
– 29 –
und Umfang des Anspruchs kann unter Berücksichtigung der Unterschiede der jeweiligen
Schutzrechte auf Rechtsprechung und Literatur zu diesen Vorschriften zurückgegriffen
werden.
Ein Verschulden ist nicht erforderlich. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass bei
der Frage, ob eine rechtswidrige Handlung wegen eines Verstoßes gegen § 4 Absatz 3
vorliegt, subjektive Elemente berücksichtigt werden.
Der Beseitigungsanspruch richtet sich auf die Abwehr einer bereits eingetretenen, fortwährenden
Beeinträchtigung. Die Form der Beseitigung hängt von der Art der jeweiligen
rechtswidrigen Handlung ab. Der Anspruch auf Beseitigung kann entsprechend Artikel 12
Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2016/943 auch dadurch erfüllt werden, dass aus
einem rechtsverletzenden Produkt einzelne, die Rechtsverletzung begründende Komponenten
entfernt werden. Diese Form des Beseitigungsanspruchs stellt eine mildere Abhilfemaßnahme
dar als die Vernichtung des rechtsverletzenden Produkts oder der Rückruf
nach § 7. Eine wegen eines Verstoßes gegen § 4 rechtswidrige Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses
kann zum Beispiel dadurch beseitigt werden, dass eine Publikation
zurückgerufen wird, in der das Geschäftsgeheimnis offenbart wird, oder eine entsprechende
Offenlegung auf einer Internetseite beseitigt wird.
Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist nach Satz 1 eine Wiederholungsgefahr.
Diese ist durch eine bereits begangene Rechtsverletzung grundsätzlich indiziert. Sie kann
entfallen, wenn der Rechtsverletzer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.
Nach Satz 2 besteht der Unterlassungsanspruch auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung
erstmals droht. Voraussetzung hierfür ist eine Erstbegehungsgefahr.
Zu § 7 (Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt)
§ 7 enthält die Ansprüche des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer
auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung und Marktrücknahme. Vergleichbare
Vorschriften existieren mit § 98 UrhG, § 43 DesignG, § 140a Absatz 2 PatG
und § 18 Absatz 2 MarkenG. Die Ansprüche unterliegen nach § 9 dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit
im Einzelfall.
Zu Nummer 1
Nummer 1 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer auf Vernichtung oder Herausgabe der im Besitz oder Eigentum des
Rechtsverletzers befindlichen Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronischen
Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern. Er setzt Artikel
12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Der Anspruch richtet sich damit auf die Gegenstände, in denen das Geschäftsgeheimnis
selbst enthalten oder verkörpert ist. Der Anspruch setzt kein Verschulden voraus. Voraussetzung
ist allerdings, dass sich die Gegenstände im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers
befinden. Unter die Vernichtung fällt bei elektronischen Dateien die Vernichtung
sämtlicher eventuell vorhandener Kopien.
Zu Nummer 2
Nummer 2 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer auf Rückruf der rechtsverletzenden Produkte. Die Vorschrift setzt Artikel
12 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Rechtsverletzende Produkte sind nach § 2 Nummer 4 Produkte, deren Konzeption,
Merkmale, Funktionsweise, Herstellungsprozess oder Marketing in erheblichem Umfang
auf rechtswidrig erworbenen, genutzten oder offengelegten Geschäftsgeheimnissen beruhen.
Der Anspruch auf Entfernung umfasst alle rechtlich zulässigen Methoden. Für die
– 30 –
Ansprüche auf Entfernung und Vernichtung reicht aus, dass der Rechtsverletzer eine faktische
Verfügungsgewalt über die rechtsverletzenden Produkte besitzt.
Zu Nummer 3
Nummer 3 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer auf dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte aus den Vertriebswegen.
Dass auch die dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte als
Unterfall der Marktrücknahme in Betracht kommt, geht aus Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie
(EU) 2016/943 hervor.
Zu Nummer 4
Nummer 4 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer auf Vernichtung der rechtsverletzenden Produkte. Der Anspruch setzt
Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Zu Nummer 5
Mit dem Anspruch auf Marktrücknahme nach Nummer 5 wird Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe
c der Richtlinie (EU) 2016/943 umgesetzt. Der Anspruch besteht nur unter der Voraussetzung,
dass der Schutz des in Frage stehenden Geschäftsgeheimnisses durch das
im Vergleich zur Vernichtung mildere Mittel der Marktrücknahme nicht beeinträchtigt wird.
Zu § 8 (Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung
der Auskunftspflicht)
Die Vorschrift enthält den Anspruch des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses gegen den
Rechtsverletzer auf Auskunft. Der Anspruch ist zwar nicht von der Richtlinie (EU)
2016/943 vorgegeben, dient aber dem effektiven Schutz des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses.
Einen entsprechenden Anspruch enthalten auch § 19 MarkenG und § 101
UrhG. Diese Vorschriften enthalten allerdings auch einen Anspruch gegenüber Dritten.
Dieser ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei Geschäftsgeheimnissen nicht um
Immaterialgüterrechte handelt, in § 8 nicht vorgesehen.
Zu Absatz 1
Nach Absatz 1 hat der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer
einen Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und die Empfänger von rechtswidrig erlangten
oder offenbarten Geschäftsgeheimnissen, die in den im Besitz oder Eigentum des
Rechtsverletzers stehenden Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen
Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern sowie über
den Vertriebsweg von rechtsverletzenden Produkte. Der Anspruch unterliegt nach § 9
dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall.
Zu Absatz 2
Absatz 2 sieht mit der Schadensersatzpflicht des Rechtsverletzers Sanktionen bei falscher
oder unvollständiger Auskunftserteilung vor. Eine vergleichbare Vorschrift enthalten
§ 101 Absatz 5 UrhG und § 19 Absatz 5 MarkenG.
Zu § 9 (Anspruchsausschluss bei Unverhältnismäßigkeit)
§ 9 schließt Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 aus, wenn die Rechtsfolge im Einzelfall
unverhältnismäßig ist. Die Regelung setzt Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie (EU)
2016/943 um. Eine vergleichbare Regelung enthält § 98 Absatz 4 UrhG.
– 31 –
Obwohl § 8 nicht von der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgegeben ist, ist eine Einbeziehung
des Auskunftsanspruchs unter den Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit sachgemäß, da
auch eine Auskunftsverpflichtung den Verpflichteten im Einzelfall stark beeinträchtigen
kann. Die Aufzählung ist nicht abschließend; die Berücksichtigung anderer berechtigter
Interessen ist daher möglich.
Zu Nummer 1
Besitzt das Geschäftsgeheimnis nur einen geringen Wert, kann dies im Einzelfall dazu
führen, dass umfangreiche oder kostspielige Rückrufmaßnahmen als unverhältnismäßig
beurteilt werden.
Zu Nummer 2
Trifft der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses nur geringfügige Maßnahmen zum Schutz
des Geschäftsgeheimnisses, kann dies im Einzelfall ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit
der Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 führen.
Zu Nummer 3
Nummer 3 ermöglicht eine Berücksichtigung subjektiver Komponenten beim Rechtsverletzer.
So kann zum Beispiel eine fahrlässige Unkenntnis der rechtswidrigen Nutzung des
Geschäftsgeheimnisses dazu führen, dass umfangreiche oder kostspielige Rückrufmaßnahmen
als unangemessen beurteilt werden können.
Zu Nummer 4
Nach Nummer 4 können auch die Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung
des Geschäftsgeheimnisses berücksichtigt werden.
Zu Nummer 5
Nummer 5 verweist auf eine allgemeine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen
des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und den berechtigten Interessen des Rechtsverletzers
sowie den Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide haben
könnte. Hierbei kann jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse berücksichtigt
werden, auch solche wirtschaftlicher und ideeller Art. So kann beispielsweise der Anspruch
auf Rückruf und Vernichtung unverhältnismäßig sein, wenn die Produkte lediglich
deswegen als rechtsverletzende Produkte gelten, weil sie Gegenstand eines rechtswidrigen
Marketings sind.
Zu Nummer 6
Nummer 6 verweist auf die berechtigten Interessen Dritter. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung
des Umfangs der Ansprüche aus den §§ 6 bis 8 Absatz 1 kann zum Beispiel berücksichtigt
werden, wenn Dritte auf die rechtsverletzenden Produkte angewiesen sind
oder dass ein Dritter Besitzer der im Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Ware ist.
Zu Nummer 7
Das öffentliche Interesse umfasst neben dem grundsätzlichen Interesse an der Herstellung
eines rechtskonformen Zustandes auch Interessen des Staates zum Beispiel im Bereich
der öffentlichen Sicherheit.
– 32 –
Zu § 10 (Haftung des Rechtsverletzers)
Zu Absatz 1
§ 10 Absatz 1 enthält die Verpflichtung des Rechtsverletzers zu Schadensersatz. Voraussetzung
ist, dass er vorsätzlich oder fahrlässig gegen § 4 verstoßen und damit das Geschäftsgeheimnis
vorsätzlich oder fahrlässig rechtswidrig erlangt, genutzt oder offengelegt
hat. Die Vorschrift setzt Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Die
Beweislast für das Verschulden liegt wie im Deliktsrecht üblich bei dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses
als Geschädigten.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellt § 10 Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich klar,
dass § 619a BGB unberührt bleibt. Damit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
dem Arbeitgeber nur dann Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis
entstehenden Schaden zu leisten, wenn sie die Pflichtverletzung zu vertreten
haben. Wird ein Schadenersatzanspruch nach § 10 Absatz 1 Satz 1 gegenüber einer
Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer geltend gemacht, so hat der Arbeitgeber die
Vorwerfbarkeit darzulegen und zu beweisen. Im Übrigen sind auch für Schadenersatzansprüche
nach § 10 die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die beschränkte
Arbeitnehmerhaftung zu beachten (vgl. grundlegend Bundesarbeitsgericht, Beschluss
vom 27. September 1994 – GS 1/89 (A)).
Zu Absatz 2
Nach Absatz 2 kann der Schadensersatz auch auf der Grundlage des Gewinns berechnet
werden, den der Rechtsverletzer durch den Rechtsverstoß erzielt hat (Satz 1), oder auf
der Grundlage einer Lizenzanalogie (Satz 2). Die Vorschrift setzt Artikel 14 Absatz 2 der
Richtlinie (EU) 2016/943 um. Sie entspricht der im Rahmen der Immaterialgüterrechte
üblichen dreifachen Schadensberechnung.
Zu Absatz 3
Absatz 3 beinhaltet einen Anspruch des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses auf eine
Geldentschädigung für erlittene immaterielle Nachteile, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Die Vorschrift setzt Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Eine vergleichbare Regelung existiert in § 97 Absatz 2 Satz 4 UrhG.
Der Anspruch kann neben oder gesondert von einem Ersatz des Vermögensschadens
geltend gemacht werden. Die Voraussetzung der Billigkeit betrifft sowohl das Bestehen
des Anspruchs wie auch dessen Höhe.
Zu § 11 (Abfindung in Geld)
Zu Absatz 1
Die Regelung privilegiert den Rechtsverletzer, der nicht schuldhaft gehandelt hat, also
weder vorsätzlich noch fahrlässig. Er kann zur Abwendung eines Anspruches nach den
§§ 6 oder 7 den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses in Geld abfinden, wenn ihm durch
die Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Nachteil entstehen würde und
wenn die Abfindung für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses in Geld als angemessen
erscheint.
Die Regelung setzt Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Sie soll verhindern,
dass Fälle, in denen die Rechtsverletzung nur versehentlich erfolgt ist, zu einer unbilligen
Vernichtung wirtschaftlicher Werte oder einer unbilligen Behinderung von Wettbewerb
und Innovation führen. Sie stellt damit ein Gegengewicht dar zu den Ansprüchen
aus den §§ 6 und 7, die grundsätzlich kein Verschulden voraussetzen. Eine vergleichbare
Regelung besteht mit § 100 UrhG.
– 33 –
Der Rechtsverletzer wird nur dann nach § 11 befreit, wenn er eine Abfindung anbietet.
Voraussetzung für die Abfindung ist, dass dem Rechtsverletzer durch die Erfüllung der
Ansprüche aus den §§ 6 und 7 ein unverhältnismäßig großer Nachteil entstehen würde.
Das kann dann vorliegen, wenn lediglich ein geringer rechtsverletzender Teil in einem
Produkt enthalten ist und dieser nur über eine sehr kostspielige Änderung entfernt werden
könnte, insbesondere wenn die Kosten der Änderung weit über der üblicherweise für die
Nutzung des Geschäftsgeheimnisses zu zahlenden Lizenzgebühr liegen würden.
Zuletzt muss die Abfindung in Geld dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses als angemessen
erscheinen. Hierfür ist eine Einzelabwägung der Interessen beider Seiten vorzunehmen.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt die Bedingungen des Rechts auf Zahlung einer Abfindung nach Absatz 1.
Für die Höhe des zu zahlenden Betrages ist nach Satz 1 maßgeblich, was üblicherweise
im Rahmen einer Lizenz zu zahlen wäre. Nach Satz 2 ist höchstens der Betrag zu zahlen,
den der Inhaber in derselben Dauer des Zeitraumes in dem er dem Rechtsverletzer die
Nutzung des Geschäftsgeheimnisses hätte untersagen können, im Rahmen einer Lizenzvereinbarung
erlangt hätte.
Zu § 12 (Haftung des Inhabers eines Unternehmens)
§ 12 sieht die Haftung des Inhabers eines Unternehmens für Ansprüche nach den §§ 6
bis 8 vor, wenn das Geschäftsgeheimnis im Unternehmen von einem Beschäftigten oder
Beauftragten rechtswidrig verletzt worden ist. Vergleichbare Regelungen bestehen mit § 8
Absatz 2 UWG, § 44 DesignG und § 14 Absatz 7 MarkenG.
Die Regelung soll verhindern, dass sich der Inhaber eines Unternehmens bei Verletzungen
von Geschäftsgeheimnissen den Ansprüchen des Verletzten deswegen entziehen
kann, weil er an der Rechtsverletzung nicht selbst beteiligt war, sondern seine Mitarbeiter
tätig geworden sind. Das wäre grundsätzlich möglich, da § 4 Absatz 3 das Verbot einer
Erlangung, Nutzung oder Offenlegung bei einem Erhalt des Geschäftsgeheimnisses über
Dritte davon abhängig macht, dass der Handelnde entweder vorsätzlich handelt oder fahrlässig
nicht weiß, dass ein Verstoß gegen § 4 Absatz 1 oder 2 vorliegt.
Voraussetzung für die Haftung des Inhabers eines Unternehmens über § 12 ist, dass der
Rechtsverletzer die Verletzungshandlung in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang
mit den von ihm wahrgenommenen Aufgaben im Unternehmen begangen hat. Ein Handeln
für einen Dritten oder im eigenen Interesse reicht nicht aus. Auf ein Verschulden des
Inhabers des Unternehmens kommt es nicht an. Die Haftung ist akzessorisch an Ansprüche
gegen den Rechtsverletzer geknüpft. Leistet der Rechtsverletzer eine Abfindung in
Geld nach § 11, können die Ansprüche gegen den Inhaber des Unternehmens nicht geltend
gemacht werden. Genauso kann sich der Inhaber eines Unternehmens auf § 11 berufen,
wenn der Rechtsverletzer die Voraussetzungen dieser Regelung erfüllt.
Nach Satz 2 gilt die Zurechnung zu dem Inhaber des Unternehmens für den Anspruch
aus § 8 Absatz 2 nur, wenn der Inhaber des Unternehmens vorsätzlich oder grob fahrlässig
die Auskunft falsch oder unvollständig erteilt hat. Das trägt der Tatsache Rechnung,
dass der Schadensersatzanspruch nach § 8 Absatz 2 anders als die Ansprüche nach den
§§ 6 bis 8 Absatz 1 ein Verschulden voraussetzt. Um den Schadensersatzanspruch nach
§ 8 Absatz 2 auch gegen den Inhaber des Unternehmens ausüben zu können, muss ein
Organ, ein Beschäftigter oder Beauftragter die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig
erteilt haben und diese Art der Auskunftserteilung muss dem Inhaber des Unternehmens
zugerechnet werden können.
Auf den Anspruch aus § 10 wird nicht verwiesen, weil dieser anders als die Ansprüche
nach den §§ 6 bis 8 Verschulden voraussetzen. Der Anspruch auf Schadensersatz ist
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jedoch durch § 12 nicht ausgeschlossen, sondern kann sich über die allgemeinen gesetzlichen
Regelungen ergeben, zum Beispiel wenn dem Inhaber des Unternehmens die Verletzung
des Geschäftsgeheimnisses zuzurechnen ist und dieser schuldhaft gehandelt hat.
Von der Haftung des Unternehmensinhabers bleibt eine Haftung des Beschäftigten oder
Beauftragten oder Angestellten selbst unberührt.
Zu § 13 (Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung)
§ 13 ist lex specialis zu § 852 BGB. Die Vorschrift regelt einen Herausgabeanspruch gegen
den Rechtsverletzer in den Fällen, in denen ein Geschäftsgeheimnis wegen eines
Verstoßes gegen § 4 rechtswidrig und schuldhaft durch den Rechtsverletzer erworben,
offengelegt oder genutzt wurde. Der Anspruch nach § 13 ist wie der Anspruch nach § 852
BGB auf das beschränkt, was der Rechtsverletzer auf Grund der rechtswidrigen Erlangung,
Offenlegung oder Nutzung des Geschäftsgeheimnisses auf Kosten des Inhabers
des Geschäftsgeheimnisses erlangt hat. Für den Anspruch wird eine Verjährungsfrist von
sechs Jahren festgeschrieben, da Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 lediglich
Verjährungsfristen von höchstens sechs Jahren erlaubt. Wegen dieser verjährungsrechtlichen
Besonderheiten war eine analoge Anwendung von § 852 BGB nicht möglich.
Zu § 14 (Missbrauchsverbot)
Satz 1 schützt die von einer Klage oder Abmahnung Betroffenen vor einer missbräuchlichen
Inanspruchnahme auf Grund von Ansprüchen wegen der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen.
Die Vorschrift setzt Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 um.
Eine vergleichbare Vorschrift existiert mit § 8 Absatz 4 UWG.
Ob eine Abmahnung oder Klage missbräuchlich ist, ist nach den Grundsätzen von Treu
und Glauben aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu entscheiden.
§ 8 Absatz 4 Satz 1 UWG nennt als Beispiel für einen Missbrauch das Ziel, gegen
den Zuwiderhandelnden vorwiegend einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen
oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. In der Richtlinie (EU) 2016/943
werden in Erwägungsgrund 22 als weitere Beispiele genannt, dass Ansprüche gestellt
werden, um den Marktzugang des Antragsgegners in unbilliger Weise zu verzögern oder
zu beschränken oder ihn auf andere Weise einzuschüchtern oder ihm Schwierigkeiten zu
bereiten.
Satz 2 enthält Gegenansprüche des Abgemahnten oder Beklagten. Liegt eine missbräuchliche
Geltendmachung von Ansprüchen vor, kann er Ersatz der für seine Rechtsverteidigung
erforderlichen Aufwendungen verlangen. Satz 3 weist darauf hin, dass andere
Ersatzansprüche ebenfalls bestehen können. Hier kommen zum Beispiel Ansprüche
nach den §§ 823 ff. BGB in Betracht.
Zu Abschnitt 3 (Verfahren in Geschäftsgeheimnisstreitsachen)
Abschnitt 3 sieht besondere Regelungen für gerichtliche Verfahren für Streitigkeiten nach
Abschnitt 2 vor. Soweit keine besonderen Regelungen getroffen werden, verbleibt es
auch in auf das GeschGehG gestützten Verfahren bei den allgemeinen verfahrensrechtlichen
Bestimmungen. Die Vorschriften gelten nur für Geschäftsgeheimnisstreitsachen und
damit weder für Ansprüche, die auf anderen Gesetzen als dem GeschGehG beruhen,
noch für Strafverfahren. Gerichtliche Geheimhaltungsmaßnahmen sind insbesondere
deswegen erforderlich, weil der Schutz als Geschäftsgeheimnis von der Voraussetzung
nach § 2 Nummer 1 Buchstabe a abhängt, dass die Information weder insgesamt noch in
ihren Einzelheiten den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen
umgehen, bekannt ist. Ohne entsprechende Regelungen zur Geheimhaltung
würde der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses damit das Risiko eingehen, dass das Geschäftsgeheimnis
seinen Schutz verliert, weil es Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens
geworden ist. Dies behindert die effektive Durchsetzung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen.
– 35 –
Zu § 15 (Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung)
§ 15 regelt die sachliche und örtliche Zuständigkeit und betrifft den Fall, dass der Rechtsweg
zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
bleibt unberührt, so dass die Regelungen zu Verfahren in Geschäftsgeheimnisstreitsachen
auch dort Anwendung finden.
Zu Absatz 1
§ 15 Absatz 1 weist Streitigkeiten, durch die ein Anspruch aus dem GeschGehG vor den
ordentlichen Gerichten geltend gemacht wird, ausschließlich den Landgerichten zu. Die
Regelung orientiert sich an § 13 Absatz 1 Satz 1 UWG und § 143 Absatz 1 PatG. Auf
Grund der Gemeinsamkeiten des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen mit dem Recht
gegen den unlauteren Wettbewerb ist die Nutzung der wettbewerbsrechtlichen Erfahrung
und Sachkunde der Landgerichte angemessen.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt die örtliche Zuständigkeit für die ordentlichen Gerichte ausschließlich anhand
des allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten. Der allgemeine Gerichtsstand einer
Person bestimmt sich nach den §§ 13 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich
nach seinem Wohnsitz oder Sitz. Hat der Beklagte keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist
nach Satz 2 nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden
ist.
Zu Absatz 3
Absatz 3 enthält eine Konzentrationsermächtigung für die Landesregierungen, durch
Rechtsverordnung die Klagen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen
zuzuweisen. Die Regelung entspricht § 143 Absatz 2 PatG.
Die Ermächtigung ermöglicht den Ländern, richterliche Sachkunde zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen,
insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen prozessualen
Regeln, zu zentralisieren. Damit kann die richterliche Sachkunde effektiver und arbeitsökonomischer
ausgeübt werden. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die
Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung
den Gerichten eines Landes obliegenden Geschäftsgeheimnisstreitsachen insgesamt
oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen. Bei der Vereinbarung
muss es sich um einen Staatsvertrag handeln.
Zu § 16 (Geheimhaltung)
Zu Absatz 1
Absatz 1 enthält die Möglichkeit, streitgegenständliche Informationen ganz oder teilweise
als geheimhaltungsbedürftig einzustufen, wenn diese ein Geschäftsgeheimnis darstellen
können.
Für die Einstufung der streitgegenständlichen Informationen als geheimhaltungsbedürftig
ist der Antrag einer Partei erforderlich. Nach § 20 Absatz 3 ist die Glaubhaftmachung der
Geschäftsgeheimniseigenschaft durch den Antragsteller ausreichend. Eine besondere
Schutzbedürftigkeit des Geschäftsgeheimnisses ist nicht erforderlich.
Die Verpflichtung zur Geheimhaltung sowie der umfassende von der Geheimhaltungspflicht
betroffene Personenkreis erweitern den Schutz der Inhaber von Geschäftsgeheimnissen
vor einer Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses während eines öffentlichen
Verfahrens. Nach bisheriger Rechtslage ist die Anordnung einer Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen
lediglich über § 174 Absatz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes
– 36 –
(GVG) möglich. Diese Regelung greift jedoch erst ab der mündlichen Verhandlung, nicht
bereits ab Klageeinreichung, und untersagt lediglich die spätere Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,
nicht jedoch eine Nutzung. Die Verwehrung einer Akteneinsicht an
Dritte nach § 299 Absatz 2 der Zivilprozessordnung betrifft nur Dritte, nicht die Verfahrensbeteiligten,
und lediglich den Teilbereich der Akteneinsicht. Die richterliche Anordnung
der Geheimhaltungsbedürftigkeit schlägt auf die Justizverwaltung durch, zum Beispiel
bei der Akteneinsicht. Bei der Verletzung der Geheimhaltungspflicht kommen Schadensersatzansprüche
in Betracht, unter Umständen auch beamten- oder berufsrechtliche
Sanktionen.
Zu Absatz 2
Hat das Gericht die streitgegenständlichen Informationen als geheimhaltungsbedürftig
eingestuft, sind nach Absatz 2 alle Personen, die an dem Verfahren beteiligt sind oder
Zugang zu den Dokumenten besitzen, die Teil des Verfahrens sind, verpflichtet, diese
Informationen vertraulich zu behandeln. Sie dürfen diese außerhalb eines gerichtlichen
Verfahrens weder nutzen noch offenlegen. Die Verpflichtung gilt nicht für den Inhaber des
Geschäftsgeheimnisses. Zugleich wird klargestellt, dass die streitgegenständlichen Informationen
in gerichtlichen Verfahren verwertbar sind. Die Verpflichtungen bestehen unabhängig
von anderen Vertraulichkeitsverpflichtungen, wie zum Beispiel der Verschwiegenheitsverpflichtung
von Beamten. Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnen und
Rechtspfleger können die als vertraulich eingestuften Informationen jedoch im Bereich
ihrer Aufgaben verwenden und diese zum Beispiel zur Grundlage eines Beweisbeschlusses
machen oder im Urteil hierauf eingehen.
Die Verpflichtungen bestehen allerdings nur, wenn die genannten Personen Kenntnis von
den streitgegenständlichen Informationen über das Verfahren erhalten haben. Entsprechend
bestehen die Verpflichtungen nicht, wenn die genannten Personen anderweitig von
dem Inhalt eines Geschäftsgeheimnisses erfahren haben. In diesem Fall gelten lediglich
die Vorschriften des Abschnittes 1 des GeschGehG.
Zu Absatz 3
Absatz 3 ergänzt das Akteneinsichtsrecht von Dritten bei einer Einstufung nach Absatz 1.
Zu § 17 (Ordnungsmittel)
§ 17 schafft unabhängig von einem bestehenden Titel eine eigenständige prozessuale
Grundlage für das Gericht, um auf Antrag sofortige Ordnungsmaßnahmen bei Verstößen
gegen die Verpflichtungen nach § 16 Absatz 2 ergreifen zu können. Die Regelungen setzen
Artikel 16 der Richtlinie (EU) 2016/943 um, wonach bei einer Zuwiderhandlung gegen
die Pflichten zur Wahrung der Vertraulichkeit im Verfahren aus Artikel 9 die Möglichkeit
zur Auferlegung von Sanktionen bestehen muss. Auf Grund der teilweise erheblichen
wirtschaftlichen Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen soll die Höhe des Ordnungsgeldes
von bis zu 100 000 Euro als Abschreckung wirken. Die Sanktion ist nicht abschließend,
der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses kann bei einem Verstoß gegen die Verpflichtungen
aus § 16 Absatz 2 ein weiteres Verfahren wegen der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses
einleiten. Festsetzung und Vollstreckungen schließen strafrechtliche
Sanktionen nach § 23 nicht aus.
Zu § 18 (Geheimhaltung nach Abschluss des Verfahrens)
§ 18 Satz 1 erstreckt die Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung auch über den Abschluss
des Verfahrens hinaus. Die Vorschrift setzt Artikel 9 Absatz 1 Satz 3 der Richtlinie
(EU) 2016/943 um
§ 18 Satz 2 lässt die Verpflichtung zur Geheimhaltung und das Verbot der Nutzung und
Offenlegung entfallen, wenn das Gericht das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses
– 37 –
durch rechtskräftiges Urteil verneint oder wenn die in Frage stehenden Informationen für
Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit der betreffenden Art von Informationen
umgehen, bekannt oder ohne weiteres zugänglich werden. In allen übrigen Fällen (stattgebendes
Urteil, Vergleich) gilt die Verpflichtung weiter fort, es sei denn die Parteien treffen
bei einem Vergleich eine abweichende Regelung.
Zu § 19 (Weitere gerichtliche Beschränkungen)
Zu Absatz 1
§ 19 Absatz 1 Satz 1 ermöglicht zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Verfahren
eine gänzliche oder teilweise Begrenzung des Personenkreises, der Zugang zu Dokumenten
und Verhandlungen hat, in denen Geschäftsgeheimnisse eröffnet werden. Die
Regelung setzt Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Voraussetzung für
eine Anwendung von Absatz 1 ist, dass eine Einstufung nach § 16 Absatz 1 erfolgt ist.
Nach Satz 2 kann die Beschränkung des Personenkreises nur erfolgen, wenn nach Abwägung
aller Umstände das Geheimhaltungsinteresse das Interesse der Beteiligten auf
rechtliches Gehör auch unter Beachtung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz und ein
faires Verfahren überwiegt. Satz 3 stellt sicher, dass jede Partei ausreichendes rechtliches
Gehör erhält. Die Beschränkung des Personenkreises darf nur insoweit erfolgen, als
dies zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses erforderlich ist. Daher ist auch eine Beschränkung
möglich, die mehr als nur eine natürliche Person jeder Partei und ihren jeweiligen
Prozessvertreter umfasst. Nach Satz 4 bestimmt das Gericht nach freiem Ermessen,
welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind.
§ 19 Absatz 1 ist entsprechend auf Streitgenossen anzuwenden, nicht jedoch auf Nebenintervenienten,
weil dies mit dem Ansatz des Geheimnisschutzes kollidiert. Im Verfahren
ist der Anspruch auf rechtliches Gehör auch der Nebenintervenienten durch geeignete
Maßnahmen zu wahren.
Zu Nummer 1
Nummer 1 ermöglicht eine Beschränkung des Personenkreises, der Zugang zu von den
Parteien oder Dritten vorgelegten Dokumenten erhält, die Geschäftsgeheimnisse oder
angebliche Geschäftsgeheimnisse enthalten. Die Regelung ist strenger als § 16 Absatz 1,
nach dem lediglich die Geschäftsgeheimnisse bzw. die Dokumente, in denen sie enthalten
sind, als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichnet werden. § 19 Absatz 1 Nummer 1
beschränkt dagegen den Zugang zu den Dokumenten auf einige Personen. Eine entsprechende
Regelung gibt es bislang nicht, da die §§ 172 ff. GVG den Zugang zu Dokumenten
unberührt lassen. Der Kreis der Mitarbeiter an dem zuständigen Gericht, der Zugang
zu den Gerichtsakten hat, wird durch die Regelung nicht beschränkt. Die Regelung enthält
keine Begrenzung des Zugangs zu vom Gericht selbst hergestellten Dokumenten wie
dem Protokoll einer mündlichen Verhandlung, solche Dokumente fallen jedoch unter § 16
Absatz 1 und § 19 Absatz 1.
Zu Nummer 2
Nach Nummer 2 kann der Personenkreis beschränkt werden, der an mündlichen Verhandlungen
teilnehmen kann, die den Schutz von Geschäftsgeheimnissen betreffen, und
der Zugang zu den die Verhandlung betreffenden Aufzeichnungen oder Protokollen erhält.
Eine entsprechende Regelung gibt es bislang nicht. Nach § 172 Nummer 2 GVG bzw. im
Falle einer arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit nach § 52 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
kann das Gericht zwar zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen für die Verhandlung
die Öffentlichkeit ausschließen. § 172 Nummer 2 GVG setzt allerdings voraus, dass
es sich um ein wichtiges Geschäftsgeheimnis handelt, dessen öffentliche Erörterung
überwiegende schutzwürdige Interessen verletzen würde. Der Ausschluss nach § 172
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Nummer 2 GVG steht zudem im Ermessen des Gerichts. Dies gilt auch für § 52 Satz 2
ArbGG. Beide Regelungen erlauben außerdem nur den Ausschluss der Öffentlichkeit,
nicht jedoch eine Begrenzung des Personenkreises bezüglich der Parteien.
Zu Absatz 2
Zu Nummer 1
Nummer 1 regelt die Möglichkeit, auf Antrag die Öffentlichkeit bei Beschränkungen nach
Absatz 1 Satz 1 auszuschließen. Anders als § 172 Nummer 2 GVG muss es sich nicht um
ein wichtiges Geschäftsgeheimnis handeln.
Zu Nummer 2
Absatz 2 Nummer 2 setzt Artikel 9 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe c der Richtlinie
(EU) 2016/943 um.
Zu Absatz 3
Da die Geheimhaltung eines Geschäftsgeheimnisses auch in der Zwangsvollstreckung
erforderlich sein kann, ordnet Absatz 3 die Anwendbarkeit der §§ 16 bis 19 Absatz 1 und
2 hierauf an. Hierdurch wird geregelt, dass eine in einem Erkenntnisverfahren durch das
Gericht der Hauptsache angeordnete Einstufung nach § 16 Absatz 1 oder eine nach § 19
Absatz 1 ausgesprochene Beschränkung auch im Verfahren der Zwangsvollstreckung auf
der Grundlage eines in diesem Verfahren erlassenen vollstreckbaren Titels weiterhin gilt.
Während § 18 Satz 1 die Fortwirkung der Pflichten zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses
bei solchen Personen anordnet, die bereits im Erkenntnisverfahren mit dem Geschäftsgeheimnis
in Berührung gekommen sind, wird durch § 19 Absatz 3 angeordnet,
dass auch solche Parteien, Prozessvertreter, Zeugen, Sachverständige, sonstige Vertreter
und alle sonstigen Personen, die erstmals in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung
von dem Geschäftsgeheimnis, dessen Schutz in dem Erkenntnisverfahren nach § 16 Absatz
1 oder § 19 Absatz 1 angeordnet wurde, in Berührung kommen, die entsprechenden
Pflichten zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses zu erfüllen haben.
Der Umstand, dass die dem Schuldner nach § 750 Absatz 1 Satz 1 ZPO vor oder bei Beginn
der Zwangsvollstreckung zuzustellende vollstreckbare Ausfertigung des Urteils hinsichtlich
der Geschäftsgeheimnisse, deren Schutz angeordnet wurde, nach Absatz 2 geschwärzt
wurde, steht der Zwangsvollstreckung auf der Grundlage ihrer Zustellung nicht
entgegen. Das Gesetz erlaubt bereits jetzt in bestimmten Fällen die Zwangsvollstreckung
auf der Grundlage der Zustellung einer vollständig ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe
gefassten vollstreckbaren Ausfertigung eines Urteils (§ 750 Absatz 1 Satz 2,
2. Halbsatz ZPO). Die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils, auf deren Grundlage das
Vollstreckungsorgan tätig wird und die dem Schuldner zuzustellen ist, muss jedoch in jedem
Fall die Urteilsformel, soweit deren Inhalt vollstreckt werden soll, enthalten.
Ein Antrag auf eine Schutzentscheidung nach den §§ 16 bis 19 Absatz 1 und 2, die im
Erkenntnisverfahren erfolgte, kann jedoch weder erstmals im Verfahren der Zwangsvollstreckung
gestellt noch kann eine solche Entscheidung durch Organe der Zwangsvollstreckung
erlassen werden. Eine Schutzentscheidung kann nur in einem kontradiktorischen
Verfahren durch das Gericht der Hauptsache im Sinne von § 20 Absatz 6 erlassen werden.
In dem streng formalisierten Verfahren der Zwangsvollstreckung kann die hierfür
notwendige umfassende Interessenabwägung nicht durchgeführt werden. Hierfür besteht
auch kein Bedürfnis, da die Schutzbedürftigkeit von Geschäftsgeheimnissen, die möglicherweise
Gegenstand des Rechtsstreits werden können, regelmäßig bereits im Erkenntnisverfahren
zutage treten wird.
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Zu § 20 (Verfahren bei Maßnahmen nach den §§ 16 bis 19)
Zu Absatz 1
Absatz 1 legt den Zeitpunkt fest, ab dem das Gericht der Hauptsache eine Maßnahme
nach § 16 Absatz 1 und § 19 Absatz 1 treffen kann.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt das rechtliche Gehör der anderen Partei. Diese ist spätestens nach Anordnung
der Maßnahme vom Gericht zu hören. Das Gericht kann die Maßnahmen demnach
anordnen und die andere Partei erst danach anhören. Das berücksichtigt die Tatsache,
dass die den Antrag stellende Partei schutzbedürftig ist und eine Anhörung der anderen
Partei vor Anordnung der Maßnahmen den Schutz des Geschäftsgeheimnisses bereits
beeinträchtigen kann. Da die andere Partei spätestens nach Anordnung der Maßnahme
zu hören ist, kann eine Anhörung auch vor Anordnung der Geheimhaltungsbedürftigkeit
stattfinden, sofern besondere Gründe hierfür sprechen – etwa weil der genaue Personenkreis
zu bestimmen ist, dem Zugang zu den geheimhaltungsbedürftigen Dokumenten
gewährt werden soll. Auf Grund des hohen Schutzbedürfnisses der den Antrag stellenden
Partei ist davon auszugehen, dass die anfänglich umfassende Anordnung der Geheimhaltung
den Regelfall darstellen wird. Der Zugang des betreffenden Personenkreises
zu den geheimhaltungsbedürftigen Informationen wird durch die Möglichkeit zu einem
abgestuften Verfahren sichergestellt. Das Gericht kann die von ihm getroffenen Maßnahmen
nach Anhörung der Parteien wieder aufheben oder abändern. Die Regelung stellt
sicher, dass das Gericht die Einordnung auch ohne entsprechenden Antrag wieder aufheben
oder ändern kann, wenn zum Beispiel eine nachträgliche Anhörung der anderen Partei
Hinweise gibt, dass ein Geschäftsgeheimnis voraussichtlich nicht vorliegt.
Zu Absatz 3
Absatz 3 sieht vor, dass die den Antrag stellende Partei für eine Maßnahme nach § 16
Absatz 1 oder § 19 Absatz 1 lediglich glaubhaft machen muss, dass es sich bei den
streitgegenständlichen Informationen um ein Geschäftsgeheimnis handeln kann.
Zu Absatz 4
Die Pflichten der antragstellenden Partei werden in Absatz 4 bestimmt. Diese muss bei
der Einreichung von Anträgen nach § 16 Absatz 1 diejenigen Ausführungen in Schriftstücke
und sonstigen Unterlagen kennzeichnen, die Geschäftsgeheimnisse enthalten. Im Fall
des § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 muss sie zusätzlich eine Fassung ohne Preisgabe
von Geschäftsgeheimnissen vorlegen, die eingesehen werden kann. Erfolgt dies nicht,
kann das Gericht von der Zustimmung zur Einsicht ausgehen, es sei denn, ihm sind besondere
Umstände bekannt, die eine solche Vermutung nicht rechtfertigen.
Zu Absatz 5
Nach Satz 1 ergeht die Entscheidung über den Antrag durch Beschluss. Angesichts der
Tragweite eines stattgebenden Beschlusses muss das Gericht nach Satz 2 die Beteiligten
auf die Wirkung und die Folgen eines Verstoßes hinweisen. Beabsichtigt das Gericht die
Zurückweisung des Antrags, hat es die den Antrag stellende Partei auf die beabsichtigte
Zurückweisung und die Gründe hierfür hinzuweisen und ihr binnen einer zu bestimmenden
Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach Satz 4 kann die Anordnung der
Geheimhaltungsbedürftigkeit nach § 16 Absatz 1 und der Beschränkung nach § 19 Absatz
1 nur gemeinsam mit dem Rechtsmittel in der Hauptsache angefochten werden.
Satz 5 verweist darauf, dass im Übrigen die sofortige Beschwerde stattfindet. Die gespaltene
Anfechtbarkeit dient einem am Sinn und Zweck der materiellen Regelungen orientierten
Rechtsweg: Wird die Geheimhaltung bzw. Beschränkung angeordnet, soll diese Anordnung
erst mit einem etwaigen Rechtsmittel in der Hauptsache überprüft werden. Da
– 40 –
der Schutz des Geschäftsgeheimnisses gewährleistet ist, kann die Beeinträchtigung des
Beklagten insofern hingenommen werden. Lehnt das erstinstanzliche Gericht hingegen
Maßnahmen nach § 16, § 17 oder § 19 ab, gerät das Geschäftsgeheimnis in Gefahr. In
diesem Fall soll die ablehnende Entscheidung zunächst durch sofortige Beschwerde
überprüft werden können. Eine sofortige Beschwerde ist nur gegen Entscheidungen im
ersten Rechtszug möglich.
Zu Absatz 6
Absatz 6 regelt, dass als Gericht der Hauptsache im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts
das Gericht des ersten Rechtszuges (Nummer 1) und, wenn die Hauptsache in
der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht (Nummer 2) anzusehen ist. Die
Regelung soll sicherstellen, dass das jeweils mit der Sache befasste Gericht über die
Maßnahmen nach § 16 oder § 19 entscheiden kann.
Zu § 21 (Bekanntmachung des Urteils)
Die Möglichkeit zur Bekanntmachung des Urteils in Geschäftsgeheimnisstreitsachen,
gleich welchen Rechtswegs, soll potentielle Rechtsverletzer abschrecken und der Öffentlichkeit
anzeigen, dass Geschäftsgeheimnisse von anderen rechtswidrig genutzt oder
offengelegt wurden. Obsiegt der Beklagte, kann mit der Veröffentlichung dessen Ruf wiederhergestellt
werden. Die Regelung setzt Artikel 15 Absatz 1 und 3 der Richtlinie (EU)
2016/943 um. Entsprechende Regelungen bestehen in § 12 Absatz 3 UWG, § 103 UrhG,
§ 19c MarkenG, § 140e PatG und § 24e Gebrauchsmustergesetz.
Zu Absatz 1
Antragsberechtigt ist die Partei, die in einer Geschäftsgeheimnisstreitsache gerichtlich
obsiegt hat. Dies kann sowohl der Kläger als auch der Beklagte sein. Die Bekanntmachungsbefugnis
kann auch bei einem teilweisen Obsiegen vorliegen.
Voraussetzung für die Bekanntmachung ist die Darlegung eines berechtigten Interesses.
Die Kriterien, die hierfür im Rahmen der Verhältnismäßigkeit maßgeblich sein können,
werden in Absatz 2 aufgezählt. Die Bekanntmachung erfolgt auf Kosten der unterliegenden
Partei. Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Bekanntmachung im Urteil unter
der Berücksichtigung der in der Entscheidung genannten Personen. Berücksichtigt werden
können damit auch die Interessen Dritter.
Zu Absatz 2
Absatz 2 zählt Kriterien auf, die bei der Beurteilung durch das Gericht, ob die obsiegende
Partei ein berechtigtes Interesse an der öffentlichen Bekanntmachung des Urteils oder
Informationen über das Urteil hat, berücksichtigt werden müssen. Berücksichtigt werden
kann auch der immaterielle Wert. Die Aufzählung ist nicht abschließend, das Gericht kann
weitere sachdienliche Kriterien bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigten.
Zu Absatz 3
Die Bekanntmachung setzt Rechtskraft voraus. Das Gericht kann hiervon jedoch abweichen,
wenn ein dringendes Bedürfnis für die Veröffentlichung vor der Rechtskraft besteht.
Zu § 22 (Streitwertbegünstigung)
Zu Absatz 1
Absatz 1 sieht die Möglichkeit zu einer Streitwertbegünstigung vor, wenn bei Geschäftsgeheimnisstreitsachen
eine Partei glaubhaft macht, dass die Belastung mit den Prozesskosten
nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde.
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Entsprechende Regelungen finden sich in § 12 Absatz 4 UWG, § 144 PatG, § 142 MarkenG
und § 54 DesignG.
Die Regelung soll verhindern, dass die Bereitschaft einer wirtschaftlich schwachen Partei
zur Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung durch die im Regelfall voraussichtlich hohen
Streitwerte bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen beeinträchtigt wird. Im Sinne
einer Härtefallregelung ist in diesem Fall eine einseitige Streitwertbegünstigung der wirtschaftlich
schwächeren Partei möglich. Die Regelung ist neben § 51 Absatz 3 GKG anwendbar,
da es vorkommen kann, dass ein Streitwert unter Berücksichtigung beiderseitiger
Interessen hoch ausfallen kann. § 12a ArbGG bleibt ebenfalls unberührt.
Für die Herabsetzung ist ein Antrag der Partei erforderlich, die eine Streitwertbegünstigung
erreichen möchte. Die Streitwertbegünstigung betrifft nur den Gebührenstreitwert.
Die Anordnung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Entscheidung hat
ohne Berücksichtigung der Frage des Obsiegens der wirtschaftlich schwächeren Partei zu
erfolgen. Allerdings kann das vorprozessuale Verhalten gewürdigt werden, weil die Vorschrift
kein leichtfertiges Prozessieren erleichtern soll.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt die weiteren Folgen bei Anordnung einer Streitwertbegünstigung nach
Absatz 1.
Zu Absatz 3
Zu einem späteren Zeitpunkt als vor der Verhandlung zur Hauptsache ist der Antrag nur
dann zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert durch das Gericht
heraufgesetzt wird. Der Antrag auf Streitwertbegünstigung kann gemäß Satz 3 vor der
Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er kann aber auch schriftsätzlich
beantragt werden.
Zu Abschnitt 4 (Strafvorschriften)
Zu § 23 (Verletzung von Geschäftsgeheimnissen)
§ 23 entspricht im Wesentlichen den bisherigen §§ 17 bis 19 UWG, die anhand der geänderten
Anforderungen an das Nebenstrafrecht modernisiert und an die Begriffe des GeschGehG
angepasst wurden. Entsprechend der Terminologie in dem zivilrechtlichen Teil
des GeschGehG entfällt die bisherige gesetzliche Unterscheidung von Betriebsgeheimnissen
und Geschäftsgeheimnissen zugunsten der einheitlichen Verwendung des Begriffs
des Geschäftsgeheimnisses. Die Unterscheidung hatte zudem bereits bisher keine praktische
Relevanz. Die im UWG enthaltene Spezifizierung, dass die Tathandlungen unbefugt
erfolgen müssen, wurde gestrichen, da durch die Bezugnahme auf die einzelnen Handlungsverbote
in § 4 GeschGehG deutlich wird, dass nur eine auch zivilrechtlich rechtswidrige
Handlung nach dem GeschGehG unter die Strafvorschriften fallen kann.
Zu Absatz 1
Absatz 1 enthält die Straftatbestände aus § 17 Absatz 1 und Absatz 2 Nummer 2 UWG
alte Fassung. Bei dem subjektiven Tatbestandsmerkmal zugunsten eines Dritten ergibt
sich durch die Richtlinie (EU) 2016/943 und ihre Umsetzung in diesem Gesetz im Vergleich
zu der bisherigen Rechtslage die Änderung, dass dieses bei Vorliegen der Rechtfertigungsgründe
aus § 5 ausgeschlossen ist. Hierdurch wird die Möglichkeit eines rechtlich
zulässigen Whistleblowings erweitert. Nach bisheriger Rechtslage konnten sich Beschäftigte
nach § 17 Absatz 1 UWG alte Fassung strafbar machen, wenn sie Informationen
über rechtswidrige Verhaltensweisen des Arbeitgebers an die Strafverfolgungsbehörden
oder die Presse weitergaben, weil dies das Merkmal der Mitteilung eines Geschäftsgeheimnisses
zugunsten eines Dritten darstellen konnte.
– 42 –
Zu Nummer 1
Nummer 1 entspricht § 17 Absatz 2 Nummer 1 UWG alte Fassung und stellt die Erlangung
eines Geschäftsgeheimnisses durch eine in § 4 Absatz 1 Nummer 1 genannte
Handlung unter Strafe. Die Tathandlungen des Verschaffens oder Sicherns wurden durch
den im GeschGehG benutzten Begriff der Erlangung ersetzt. Eine inhaltliche Änderung ist
hiermit nicht verbunden.
Zu Nummer 2
Nummer 2 stellt eigene rechtswidrige Vortaten des Handelnden unter Strafe. Dies entspricht
einem Teil der Regelung von § 17 Absatz 2 Nummer 2 UWG alte Fassung. Die
Tathandlungen des Verwertens und Mitteilens wurden durch die im GeschGehG verwendeten
Begriffe des Nutzens und der Erlangung ersetzt. Eine inhaltliche Änderung ist hiermit
nicht verbunden. Die Tathandlung des Offenlegens ersetzt das Mitteilen aus § 17
UWG alte Fassung, eine inhaltliche Änderung ist hiermit nicht verbunden.
Zu Nummer 3
Die Norm entspricht § 17 Absatz 1 UWG alte Fassung und stellt die rechtswidrige Offenlegung
von Geschäftsgeheimnissen durch eine bei einem Unternehmen beschäftigte Person
während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unter Strafe. Ersetzt wurde der
Begriff des Dienstverhältnisses durch den Begriff des Beschäftigungsverhältnisses. Eine
inhaltliche Änderung ist hiermit ebenfalls nicht verbunden, da auch nach § 17 UWG ein
Dienstverhältnis im Sinne des BGB nicht Voraussetzung für eine Strafbarkeit war, sondern
die Vorschrift alle Beschäftigten eines Unternehmens umfasste.
Zu Absatz 2
Absatz 2 bildet zum Teil § 17 Absatz 2 Nummer 2 UWG alte Fassung ab und stellt die
Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen unter Strafe, die durch fremde
Handlungen nach Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erlangt wurden.
Zu Absatz 3
Absatz 2 entspricht § 18 UWG alte Fassung und schützt mit Vorlagen oder Vorschriften
technischer Art lediglich eine bestimmte Kategorie von Geschäftsgeheimnissen. Im Vergleich
zum bisherigen Wortlaut wurde ergänzt, dass die anvertrauten Vorlagen oder Vorschriften
technischer Art geheim sein müssen. Damit geht die bisherige Auslegung der
Norm durch Rechtsprechung und Literatur, dass ein Anvertrauen eine fehlende Offenkundigkeit
voraussetzt, auch deutlich aus dem Wortlaut der Norm hervor.
Zu Absatz 4
Absatz 3 entspricht § 17 Absatz 4 UWG alte Fassung, enthält aber nun eine Qualifikation
statt wie bisher ein Regelbeispiel.
Zu Absatz 5
Die Strafbarkeit des Versuchs entspricht § 17 Absatz 3 und § 18 Absatz 2 UWG alte Fassung.
Die Strafbarkeit der versuchten Anstiftung und der Anstiftung in Absatz 5, wenn der
Täter zur Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs oder aus Eigennutz handelt,
entspricht § 19 UWG alte Fassung und trägt dem Gefährdungspotential von derartigen
Vorbereitungshandlungen für die geschützten Rechtsgüter Rechnung, da der rechtliche
Schutz von Geschäftsgeheimnissen allein von der Geheimhaltung der Information abhängt.
– 43 –
Zu Absatz 6
Absatz 6 Satz 1 verweist auf § 5 Nummer 7 StGB. Dies entspricht § 17 Absatz 6, § 18
Absatz 4 und § 19 Absatz 5 UWG alte Fassung. Im Vergleich zur bisherigen Fassung
verweist Absatz 6 Satz 2 anstatt auf eine konkrete Strafandrohung nun auf die §§ 30 und
31 StGB. Dies beseitigt das Ungleichgewicht, dass ansonsten im Fall des § 22 Absatz 2
eine Anstiftung oder versuchte Anstiftung mit der gleichen Strafandrohung belegt wäre
wie die Verwirklichung als Haupttäter. Nach § 30 Absatz 1 Satz 2 StGB ist die Strafe nun
für die Absätze 1 bis 4 nach § 49 Absatz 1 StGB zu mildern.
Zu Absatz 7
Das Strafantragserfordernis entspricht § 17 Absatz 5, § 18 Absatz 3 und § 19 Absatz 4
UWG alte Fassung.
Zu Artikel 2 (Änderung des GVG)
Auf Grund der Aufhebung der §§ 17 bis 19 UWG und der Übernahme der Regelungen in
§ 23 wird die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammern durch einen Bezug auf das GeschGehG
ergänzt.
Zu Artikel 3 (Änderung der StPO)
Auf Grund der Aufhebung der §§ 17 bis 19 UWG und der Übernahme der Regelungen in
§ 23 müssen die Verweise in § 374 Absatz 1 Nummer 7 StPO zur Zulässigkeit der Privatklage
und in § 395 Absatz 1 Nummer 6 StPO zur Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger
angepasst werden und auf das neue Stammgesetz Bezug nehmen.
Zu Artikel 4 (Änderung des GKG)
Zu Nummer 1
Bei Verfahren über Ansprüche nach dem GeschGehG soll – wie beim UWG – der Streitwert
grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung
der Sache bestimmt werden. § 51 Absatz 2 GKG wird daher um einen Bezug auf das
GeschGehG ergänzt.
Zu Nummer 2
Auch für die Streitwertbegünstigung nach § 22 GeschGehG soll in § 51 Absatz 5 GKG
klargestellt werden, dass diese bei der Bestimmung des Streitwertes zu berücksichtigen
ist.
Zu Artikel 5 (Änderung des UWG)
Die §§ 17 bis 19 UWG werden auf Grund des Sachzusammenhangs in das GeschGehG
übernommen. Das erfordert die Aufhebung der entsprechenden Vorschriften im UWG.
Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)
Das Gesetz nach der Verkündung in Kraft.