Das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz (GeschGehG) setzt die EU-Richtlinie 2016/943 in deutsches Recht um und schützt Unternehmensgeheimnisse vor unbefugter Erlangung, Nutzung und Offenlegung. Eine Verletzung dieses Gesetzes kann zivilrechtliche, strafrechtliche, arbeitsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Folgen haben. Hier eine vertiefte Darstellung:
1. Zivilrechtliche Folgen nach dem GeschGehG
Ein Unternehmen, dessen Geschäftsgeheimnis verletzt wurde, kann nach §§ 6–10 GeschGehG folgende Ansprüche geltend machen:
a) Unterlassungsanspruch (§ 6 GeschGehG)
Das betroffene Unternehmen kann gerichtlich verlangen, dass der Verletzer die Nutzung oder Weitergabe des Geschäftsgeheimnisses unterlässt.
➡ Beispiel: Ein ausgeschiedener Mitarbeiter gibt interne Konstruktionspläne an einen Wettbewerber weiter. Das Unternehmen kann gerichtlich durchsetzen, dass dieser die Verbreitung einstellt.
b) Beseitigungs- und Vernichtungsanspruch (§ 7 GeschGehG)
Das Gericht kann anordnen, dass Materialien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten (z. B. Dateien, Pläne, Muster),
- zurückgegeben, vernichtet oder herausgegeben werden,
- vom Markt genommen oder geändert werden, um eine weitere Nutzung zu verhindern.
➡ Beispiel: Ein Konkurrent entwickelt ein Produkt auf Basis gestohlener Informationen. Das Gericht kann anordnen, dass diese Produkte zurückgerufen oder aus dem Verkehr genommen werden.
c) Rückruf-, Entfernungs- und Vernichtungsanspruch (§ 8 GeschGehG)
Hierbei handelt es sich um eine Erweiterung des § 7 GeschGehG: Produkte oder Dienstleistungen, die durch den Geheimnisverrat entstanden sind, müssen ggf. zurückgerufen oder vernichtet werden.
➡ Beispiel: Ein Zulieferer produziert Maschinen mit einer geheimen Fertigungstechnik und verkauft sie an Dritte. Das Gericht kann anordnen, dass diese Produkte zurückgeholt werden.
d) Schadensersatzanspruch (§ 10 GeschGehG)
Verletzt jemand vorsätzlich oder fahrlässig ein Geschäftsgeheimnis, kann der Geheimnisinhaber Schadensersatz verlangen.
- Berechnung: entweder
- konkreter Schaden oder
- fiktive Lizenzgebühr (was der Verletzer hätte zahlen müssen, wenn er die Technik rechtmäßig genutzt hätte).
➡ Beispiel: Eine gestohlene Formel führt zu einem Umsatzverlust von 10 Mio. EUR. Der Schädiger kann in Höhe dieses Betrags haftbar gemacht werden.
2. Strafrechtliche Folgen nach § 23 GeschGehG
a) Grundtatbestand: bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe
Wer sich ein Geschäftsgeheimnis unbefugt aneignet, es nutzt oder weitergibt, kann strafrechtlich verfolgt werden.
- Täter: Arbeitnehmer, Wettbewerber, Hacker, Geschäftspartner
- Unbefugt = ohne Zustimmung des Geheimnisinhabers
- Beispiel: Ein Mitarbeiter verkauft Kundendaten seines Unternehmens an Dritte.
b) Qualifizierter Fall: bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe
Liegt ein besonders schwerer Fall vor, insbesondere wenn der Geheimnisverrat
- gewerbsmäßig geschieht oder
- einer ausländischen Macht zugutekommt,
drohen bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
➡ Beispiel: Ein Angestellter eines deutschen Rüstungskonzerns verkauft geheime Produktionsdaten an ein ausländisches Unternehmen.
c) Strafantrag erforderlich
Die Tat wird nur verfolgt, wenn der Geschädigte Strafantrag stellt (Ausnahme: besonderes öffentliches Interesse).
3. Arbeitsrechtliche Folgen bei Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten
Mitarbeiter sind oft durch
- Arbeitsverträge
- Geheimhaltungsvereinbarungen (NDAs)
- Treuepflichten
gebunden. Ein Verstoß kann führen zu:
✅ Abmahnung (bei fahrlässiger Erstverletzung)
✅ Fristlose Kündigung (§ 626 BGB) (bei schwerem Verstoß)
✅ Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers (§ 823 BGB)
➡ Beispiel: Ein Ingenieur gibt Produktentwicklungspläne an einen Wettbewerber weiter. Dies kann eine fristlose Kündigung und Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.
4. Wettbewerbsrechtliche Folgen (UWG)
Falls der Geheimnisverrat im geschäftlichen Verkehr erfolgt, kann er auch als unlautere Wettbewerbshandlung (§ 4 UWG) geahndet werden.
Betroffene Unternehmen können Unterlassung und Schadensersatz fordern.
➡ Beispiel: Ein Konkurrent nutzt rechtswidrig erlangte Patentrezepte für eigene Produkte.
Zusammenfassung der Folgen
Rechtsgebiet | Mögliche Folgen |
---|---|
Zivilrecht (GeschGehG) | Unterlassung, Vernichtung, Schadensersatz |
Strafrecht (§ 23 GeschGehG) | Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre |
Arbeitsrecht | Kündigung, Schadensersatz |
Wettbewerbsrecht (UWG) | Unterlassung, Schadenersatz |