a) Ein Unterlassungsantrag, der im vorangestellten abstrakten Teil die Verwendung eines Zeichens in Alleinstellung zum Gegenstand hat, im angefügten „Insbesondere“-Teil aber das Zeichen in-nerhalb einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Gesamtbezeichnung aufführt, ist wider-sprüchlich und daher unbestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
b) Soll die Nutzung eines Firmenbestandteils untersagt werden, muss eine Begehungsgefahr nicht nur für die Verwendung der Gesamtbezeichnung, sondern für die Benutzung des Firmenbestandteils bestehen.
c) Hat eine Partei ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits oder im Hinblick auf in einem Vorpro-zess gehaltenen Vortrag geändert, insbesondere präzisiert, ergänzt oder berichtigt, kann dies im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) Bedeutung erlangen.
d) Die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen (§ 21 Abs. 4 MarkenG in Ver-bindung mit § 242 BGB) sind bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus einem Unternehmens-kennzeichen neben der Regelung über die Anspruchsverwirkung in § 21 Abs. 2 MarkenG an-wendbar.
BGH URTEIL I ZR 50/14 vom 5. November 2015 – ConText
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 286 A; MarkenG § 5 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 2, § 21 Abs. 2 und 4; BGB § 242 Cc
a) Ein Unterlassungsantrag, der im vorangestellten abstrakten Teil die Verwendung eines Zeichens in Alleinstellung zum Gegenstand hat, im angefügten „Insbesondere“-Teil aber das Zeichen in-nerhalb einer aus mehreren Bestandteilen bestehenden Gesamtbezeichnung aufführt, ist wider-sprüchlich und daher unbestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
b) Soll die Nutzung eines Firmenbestandteils untersagt werden, muss eine Begehungsgefahr nicht nur für die Verwendung der Gesamtbezeichnung, sondern für die Benutzung des Firmenbestand-teils bestehen.
c) Hat eine Partei ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits oder im Hinblick auf in einem Vorpro-zess gehaltenen Vortrag geändert, insbesondere präzisiert, ergänzt oder berichtigt, kann dies im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) Bedeutung erlangen.
d) Die allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung von Ansprüchen (§ 21 Abs. 4 MarkenG in Ver-bindung mit § 242 BGB) sind bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus einem Unternehmens-kennzeichen neben der Regelung über die Anspruchsverwirkung in § 21 Abs. 2 MarkenG an-wendbar.
BGH, Urteil vom 5. November 2015 – I ZR 50/14 – OLG Zweibrücken
LG Frankenthal (Pfalz)
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 5. November 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Prof. Dr. Koch und Feddersen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 30. Januar 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurück-verwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien erbringen bundesweit Übersetzungsdienstleistungen.
Der Kläger ist seit dem Jahr 1988 unter dem Namen „ConText“ auf dem Gebiet der Übersetzungsdienstleistungen tätig. Er nutzt seit Ende der 1980er Jahre bis heute den Namen „ConText“ überregional. Der Kläger ist Inhaber der am 29. Januar 2010 angemeldeten und am 10. März 2010 eingetragenen deut-schen Wortmarke „ConText“, die Schutz für Schreibdienste und die Anfertigung von Übersetzungen gewährt.
Die Beklagte ist frühestens seit Beginn des Jahres 1990 tätig und nutzte ebenfalls das Zeichen „Context“ für Übersetzungsdienstleistungen. Sie ließ im Jahr 2008 die deutsche Wort-Bild-Marke „Context“ eintragen. Im Jahr 2009 er-
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hob die Beklagte gegen den Kläger vor dem Landgericht Köln eine auf Unter-lassung der Zeichennutzung gerichtete Klage, die erfolglos blieb. Der Kläger nahm seine in diesem Rechtsstreit erhobene gegenläufige Widerklage im Februar 2010 zurück. Im Februar 2011 verzichtete die Beklagte nach Aufforde-rung durch den Kläger auf ihre Marke.
Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 forderte der Kläger die Beklagte auf, sich strafbewehrt zu verpflichten, die Verwendung des Zeichens „Context“ in Allein-stellung bei den im nachfolgenden Klageantrag näher bezeichneten Dienstleis-tungen zu unterlassen. Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach.
Der Kläger sieht in der mit seinem Schreiben vom 8. Juni 2011 bean-standeten Zeichennutzung eine Verletzung seines Unternehmenskennzeichens „ConText“.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verur-teilen, es zu unterlassen,
bei Dienstleistungen im Bereich Fremdsprachendienste, Übersetzung, Text-konzeption, Textkreation und Lektorat die Bezeichnung „Context“ in Allein-stellung zu verwenden, insbesondere durch die „Context Gesellschaft für Sprachen- und Mediendienste mbH“;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über die erzielten Um-sätze, die unter den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen erzielt wurden, aufgegliedert nach Jahren;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen Schaden zu erset-zen, der diesem durch die in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen bisher ent-standen ist und/oder noch entstehen wird.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat zur Verurteilung der Beklagten geführt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ih-ren Klageabweisungsantrag weiter.
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Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die zulässige Klage sei aus §§ 5, 15 MarkenG begründet. Die Bezeichnung „ConText“ sei als unterschei-dungsfähiger Teil einer Firmenbezeichnung schutzfähig. Der Kläger habe hie-ran ausweislich des unstreitigen Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils die prioritätsälteren Rechte. Da beide Parteien im Übersetzungsbereich tätig seien, bestehe Verwechslungsgefahr. Die Ansprüche des Klägers seien nicht verwirkt.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Er-folg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverwei-sung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das angefochtene Urteil kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Unterlassungsantrag (Klageantrag 1) nicht hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart un-deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstre-ckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch im Revisi-onsverfahren von Amts wegen zu beachten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. November 2013 – I ZR 7/13, GRUR 2014, 398 Rn. 14 = WRP 2014, 431 – Online-Versicherungsvermittlung; Urteil vom 8. Mai 2014 – I ZR 217/12, BGHZ 201, 129 Rn. 24, jeweils mwN).
b) Der vorliegende Unterlassungsantrag ist gerichtet auf das Verbot, bei den im Antrag näher bezeichneten Dienstleistungen „die Bezeichnung ‚Context‘
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in Alleinstellung zu verwenden, insbesondere durch die ‚Context Gesellschaft für Sprachen- und Mediendienste mbH'“. Im vorangestellten abstrakten Teil wird also die Verwendung des Zeichens in Alleinstellung beschrieben, im „Insbeson-dere“-Teil hingegen erfolgt die Nennung der Bezeichnung innerhalb der aus mehreren Bestandteilen bestehenden Firma der Beklagten. Diese Verknüpfung ist widersprüchlich und führt zur Unbestimmtheit des Antrags.
aa) Der mit „insbesondere“ eingeleitete Teil eines Unterlassungsantrags dient zum einen der Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Ver-bots, indem er beispielhaft verdeutlicht, was unter der im abstrakten Antragsteil genannten Form zu verstehen ist. Zum anderen kann der Kläger auf diese Wei-se deutlich machen, dass Gegenstand seines Begehrens nicht allein ein umfas-sendes, abstrakt formuliertes Verbot ist, sondern dass er – falls er insoweit nicht durchdringt – jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt, wobei allerdings auch dieser „Insbesondere“-Zusatz den allgemeinen Regeln unterliegt und deshalb dem Bestimmtheitsgebot entsprechen muss (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. November 1996 – I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 768 = WRP 1997, 735 – Brillenpreise II; Urteil vom 2. Februar 2012 – I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 22 = WRP 2012, 1222 – Tribenuronmethyl). Wählt der Kläger eine Verallgemeinerungsform, deren abstrakter Inhalt die „Insbesondere“-Variante nicht mehr umfasst, kann der Klage nicht in dieser Va-riante stattgegeben werden, weil die mit „insbesondere“ beginnenden Teile des Klageantrags keinen eigenen Streitgegenstand enthalten und daher nicht als echte Hilfsanträge anzusehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1997 – I ZR 241/94, GRUR 1997, 672, 673 = WRP 1997, 727 – Sonderpostenhändler; BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 22 – Tribenuronmethyl). Vielmehr ist in einem sol-chen Fall der gesamte Antrag wegen Widersprüchlichkeit unbestimmt (vgl. Büscher in Fezer, UWG, 2. Aufl., § 12 Rn. 302; Köhler in Köhler/Bornkamm,
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UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 2.46; Schwippert in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 51 Rn. 40).
bb) Im vorliegenden Fall widersprechen